Ähnlich geht es seinem Getreuen, dem Graf von Gloster, der auf eine Intrige seines illegitimen Sohnes Edmund hereinfällt und den ehelichen Sohn Edgar verstößt, dabei jedoch selbst zu Fall kommt. King Lear ist ein Drama des Krieges, zwischen Generationen, zwischen Geschwistern, zwischen Heeren. Es ist ein Drama, in dem die Mütter fehlen, der Reiche zum Bettler und der Blinde zum Sehenden wird. Es ist ein Endspiel, in dem die alte Ordnung zerbricht und Werte zu Ruinen werden, zwischen denen ein Sturm wütet, nach dem vielleicht das Nichts kommt. Oder etwas Neues.
Die Herausforderung des Neuen nimmt Regisseur Johan Simons auch mit dieser Inszenierung unter neuen Bedingungen an: „Normalerweise“ stellt die Bühne einen Möglichkeitsraum dar: Figuren können sich dort treffen und berühren, wie es ihnen in der Realität nicht möglich wäre. Gegenwärtig sind wir im Theater mit vielen Vorgaben konfrontiert. Nähe und Intimität sind momentan auf der Bühne - und im gesellschaftlichen Raum - nicht möglich.
Diese Inszenierung ist ein Versuch, dieses neue Bewusstsein der Spieler*innen und des Publikums sichtbar zu machen. Die Figuren sind mehr noch als bei Shakespeare vereinzelt, weniger in Dialoge verwickelt, ihre Worte haben kaum eine Richtung, die Zeit verschiebt sich. Sprechen sie noch zu jemandem oder nur noch zu sich selbst? Lear und der Narr sind da eine Ausnahme, haben sie doch längst eine neue Welt entdeckt, in der man sich - welche Utopie! - berühren darf: die der Sprache.
"Ich hatte schon vier Wochen geprobt, als Corona kam. Aber Ironie des Schicksals: Shakespeare hat das Stück während der Pest geschrieben, als er selbst in Quarantäne war. Daraufhin werde ich das Stück noch einmal neu lesen und neu inszenieren. Die 2-Meter-Abstandsregeln sind ein Fluch, aber auch inspirierend. Denn im Theater kann man aus einer Not eine Tugend machen. Im Zentrum von King Lear beschreibt Shakespeare einen gewaltigen Sturm, der sowohl real wie im Inneren des Königs wütet. Das Besondere ist für mich, dass sich Lear freiwillig dem Sturm ergibt, im letzten Augenblick aber die Kraft des Sturmes ausnutzt, um sein eigenes Leben in eine andere Richtung zu lenken. Der Tod – genauer: die Art und Weise, wie man stirbt – ist ein wichtiges Thema. Ich selbst habe den Großteil meines Lebens hinter mir und frage mich, ob ich in meiner Todesstunde über meine Angst hinaus geraten werde. Dass Lear trotz allem Elend und mit der Leiche seiner Tochter in seinen Armen glücklich stirbt, berührt mich besonders in diesem Stück."
Shakespeares Drama wird im Auftrag des Schauspielhaus Bochum neu übersetzt von der österreichischen Autorin und Dramatikerin Miroslava Svolikova.
Neuübersetzung von Miroslava Svolikova
Fassung von Koen Tachelet und Angela Obst (Mitarbeit)
Regie: Johan Simons
Mit: Mourad Baaiz, Patrick Berg, Pierre Bokma, Konstantin Bühler, Anna Drexler, Ann Göbel, Stefan Hunstein, Michael Lippold, Steven Scharf
Sa, 12.09.
19:30
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So, 13.09.
17:00
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Fr, 18.09.
19:30
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Sa, 19.09.
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