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BLICK IN DIE VERGANGENHEIT -- Neue CD: Giacomo Puccinis "Le Villi" bei BR Klassik

April 2025

Die Uraufführung der Originalfassung von Giacomo Puccinis einaktiger Oper "Le Villi" am 31. Mai 1884 wurde ein großer Erfolg. Interessant ist bei diesem Frühwerk das Faible für den Tanz. Das Ergebnis ist eine "opera ballo", in der nach einem bukolischen Vorspiel bereits in der ersten Szene ausgelassen getanzt wird. Bei der Verlobungsfeier von Anna und Roberto drehen sich die Paare im Dreivierteltakt. Roberto muss noch am selben Abend verreisen, da er in Mainz eine Erbschaft antritt.

Copyright: NAXOS

Das Münchner Rundfunkorchester unter der inspirierenden Leitung von Ivan Repusic macht deutlich, dass Puccini auch hier schon ein begnadeter Harmoniker und Melodiker war. Dies zeigt sich zudem bei Annas melodischer Arie "Se come voi piccina io fossi", die Anita Hartig mit strahlend-warmem Timbre interpretiert. Im leidenschaftlich gestalteten Liebesduett mit Anna kommt Kang Wang (Roberto) als strahlkräftiger Tenor hinzu, der ihr ewige Treue schwört. Annas Vater (der Förster Guglielmo) segnet das Paar in einer berührenden Abschiedsszene. Boris Pinkhasovich erweist sich dabei als ein Sänger mit sonorem und tragfähigem Bariton.

Der erzählende Charakter des Werkes kommt bei dieser Aufnahme überzeugend zum Vorschein. Kang Wang macht den wankelmütigen Charakter von Roberto auch psychologisch feinnervig deutlich. Er ist seiner Abenteuer wirklich überdrüssig und voller Reue über den Verrat an seiner Verlobten. In seiner gesanglich glänzend interpretierten Arie "Torna ai felici di" mit markanten Flötenakzenten erinnert er sich melancholisch an das vergangene Liebesglück. Erleichtert hört er Annas Stimme, die jedoch zu keinem versöhnlichen Pas de deux bereit ist. Repusik verdeutlicht hier die Bitterkeit dieser klanglich durchsichtigen Musik voller Esprit und Melancholie. Anna erklärt jedoch, dass sie durch seine Schuld gestorben sei und nun zu den geisterhaften Willis gehöre.

Die melodische Kraft der Gesanglinie steht bei dieser gelungenen Aufnahme immer im Mittelpunkt, das ist ein großer Pluspunkt. Sie verhindert Robertos Flucht vor der großen Geisterschar, sein tödlicher Zusammenbruch ist vorprogrammiert. Das wird bei der Aufnahme packend herausgearbeitet. Dem exzellenten Chor des Bayerischen Rundfunks (Einstudierung: Stellario Fagone) kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu! Immer stärker spitzt sich das dramaturgisch dichte Geschehen zu, die Intensität der Gefühlssprache scheint sich ins Unendliche zu steigern. Und vor allem die harmonische Ausdruckssteigerung erreicht immer wieder Siedepunkte. Musikalische Einflüsse von Ponchielli, Catalani, Gounod, Bizet und Massenet sind wiederholt herauszuhören, werden von Ivan Repusik aber nie überzeichnet.

 Und die beiden dezent musizierten Intermezzi unterstreichen die Intentionen des Erzählers nie aufdringlich, sondern eher einfühlsam. Gelegentlich wirkt dieses Verfahren etwas gekünstelt, doch Ivan Repusik gelingt es überzeugend, den erzählerischen Fluss zu wahren.
 

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