
Ihre vier eigenen Tonschöpfungen (die hier zu hören sind) stehen für ihre kompositorische Fantasie, Flexibilität und philosophische Tiefe, verbunden mit der intensiven Freude an Klängen. Das zeigt sich auch bei "Silk Road" für Violine und Orchester aus dem Jahr 2017. Hier entsteht mit Gayageum, Oud und Sheng (chinesische Mundorgel) ein neuer eurasischer Klangzauber. Es ist eine spannende Reise von Ostasien bis Südwesteuropa. Freitonal, asiatisch oder als Fusion-Musik kommt diese ungewöhnlich intensive Musik daher. Da begegnet dem Hörer dann auch der Chinyangjo, ein koreanisches Tanzmuster, im rhythmisch vertrackten Andalusit mit feurigem Flamengo!
Nicht weniger überzeugend ist Viktoria Elisabeth Kaunzners "Saiga Antelope für Violine und zart besaitetes Orchester". Es handelt sich dabei um ein magisches Musikstück, in dem sie erneut die Vermischung westlicher und östlicher Musikkulturen propagiert. Kaunzner verwandelt dabei ihre Betroffenheit über den Massenexodus der "Saiga Antelope" in ihrer Heimat in Zentralasien im Jahr 2015 in ein ergreifendes und faszinierendes Musikstück. Die koreanische Bambusflöte Daegeum steht dabei im Zentrum. Dramatische Klangwelten beeindrucken den Zuhörer. 2022 lief während der Aufführung ein Dokumentarstummfilm, den Viktoria Elisabeth Kaunzner mit Hilfe der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft ediert hatte.
Die asiatische Lebenswelt kommt außerdem beim Stück "Jasmine Rice - Collage für improvisierende Violine und improvisierendes Orchester" von Viktoria Elisabeth Kaunzner zum Ausdruck, das 2011 in Seoul uraufgeführt wurde. Viktoria Elisabeth Kauzner ist seit 2011 auch Geigenprofessorin in Südkorea. Als erfrischende Zugabe spielt sie ihr expressives Stück "Lucid Dreams" für Violine und Orchester mit orientalischem Feeling. Diese Musik wurde sogar bei den Olympischen Winterspielen 2018 gespielt.
Ein weiterer Höhepunkt auf dieser in jeder Hinsicht ungewöhnlichen CD ist das Violinkonzert "Roman Fleuve pour violon et orchestre a cordes" (2017) der rumänischen Komponistin Violeta Dinescu. Der Titel dieses Konzerts verweist auf das literarische Genre des "Roman-Fleuve", das Kontinuität und fließende Transformationen symbolisiert. Die Solovioline übernimmt die Rolle eines Erzählers, der Zeit dehnt und fexible Resonanzräume schafft. Mechanismen der Erinnerung werden dabei harmonisch in raffinierter Weise aufgefächert, magnetische Intensität erreichen die suggestiven Streicherpassagen.
Weitere Schmuckstücke auf dieser CD sind Claudia Monteros "Concierto para violin y orquesta de cuerdas" sowie "Times of Rain & Sun" für Violine und Orchester von Elena Kats-Chernin. Brillanz, Virtuosität und Sensibilität kennzeichnen bei Claudia Montero die Kantilenen der Violine, die Viktoria Elisabeth Kaunzner mit tiefer Emotion und leidenschaftlicher Schönheit erfüllt. Elena Kats-Chernin hingegen kultiviert tänzerische Klänge in minimalistischer Sprache. Zwischen Solovioline und Harfe kommt es zu einem elektrisierenden, gezupften Dialog. Hörenswert! Neben dem Viktoria & Virtuosi orchestra musizieren hier das Universal Korean Organic Ensemble unter der Leitung von Juan Pablo Hellin.