Technologien bestimmen zunehmend, welche Existenzformen auf der Erde möglich sind. Kaum ein Lebensbereich, der nicht von Technologien durchdrungen ist: Von globalen Standards und Normen, sozialen und kulturellen Codes, logistischen Systemen und Care-Netzwerken, bis hin zu technischen Anwendungen, die die menschlichen Sinne erweitern.
Im zum leeren Raum umgebauten Auditorium experimentiert Lebensformen zwischen Kunst und Diskurs mit der Gestaltung gegenwärtiger und zukünftiger Lebensformen. Vorträge, Diskussionen, Performances, visuelle und akustische Formate erzeugen eine sich ständig verändernde Landschaft. Zwei ineinander verwobene Elemente strukturieren das Programm: Die Choreograph_innen Xavier le Roy und Scarlet Yu organisieren mit 20 Performer_innen aus ihrer Arbeit Temporary Title, 2015 den Raum in variierenden Konstellationen und greifen damit Fragen nach individuellen und gesellschaftlichen Veränderungsprozessen auf. Ihre Arbeit hinterfragt Trennlinien zwischen menschlich/nicht-menschlich, Objekt/Subjekt, Transformation/Übergang/Modifikation. In dieser Umgebung erkundet die Wissenschaftshistorikerin Sophia Roosth das Bedeutungsspektrum des Begriffs „Lebensformen“ in Gesprächen mit Luis Campos, Maria Chehonadskih, Hu Fang, Melody Jue und Elizabeth A. Povinelli.
Eingewoben in diese Struktur sind zehn spekulative Fragen, anhand derer Künstler_innen, Praktiker_innen und Theoretiker_innen Möglichkeiten kollektiver Handlungsfähigkeit angesichts gegenwärtiger Lebensbedingungen erproben. In How Long Is an Echo? analysiert der Literaturwissenschaftler Louis Chude-Sokei das Echo der Vergangenheit und ihrer Technologien in gegenwärtigen Lebensweisen. In Who Do We Care For? analysiert die Psychologin Lisa Baraitser die institutionellen und zeitlichen Dimensionen gesellschaftlicher Sorgearbeit. In When Can You Call It Technology? diskutiert der Technikphilosoph Yuk Hui Technologien vor dem Hintergrund ihrer historischen Entwicklung und damit zusammenhängender Weltbilder.
Mit weiteren Beiträgen von Maya Indira Ganesh, Wesley Goatley, Noël Yeh Martín, Luciana Parisi, Sascha Pohflepp, Kaushik Sunder Rajan, Marina Rosenfeld, Jenna Sutela, Bronislaw Szerszynsnki, Gary Tomlinson, John Tresch
Konzept und Umsetzung: Katrin Klingan, Nick Houde, Janek Müller, Johanna Schindler, Christoph Rosol in Zusammenarbeit mit Bernard Geoghegan
Lebensformen ist die Abschlussveranstaltung des Forschungsprojekts Technosphere, das sich seit 2015 mit dem Dilemma der zunehmenden Verflechtung von menschlicher Kultur, natürlichen Umwelten und globalen Technologien befasst. In der Online-Publikation Technosphere Magazine erscheinen projektbegleitend thematische Dossiers, die nunmehr 130 Essays, wissenschaftliche und künstlerische Beiträge versammeln und zu neuen Narrativen über die Technosphäre verdichten. Die Abschlusspublikation Technosphäre erscheint am 17. April 2019 in der HKW-Publikationsreihe Bibliothek 100 Jahre Gegenwart.
Im Rahmen von Das Neue Alphabet (2019–2021), gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Technosphere (2015–19) kooperiert mit der Publikationsplattform continent. im Hinblick auf die experimentelle Veröffentlichung der Projektmaterialien und -ergebnisse.
Ale Infos: www.hkw.de/de/programm/projekte/2019/lebensformen/lebensformen_start.php