Mit den Möglichkeiten der Manipulation und Selbstinszenierung experimentierend, schraubt er an einem neuen, virtuellen Ego. Und Schritt für Schritt werden die digitalen Abbilder plastischer und stärker. Leblose Einzelteile werden neu zusammengesetzt und beginnen zu pulsieren. Doch dann möchte sein
neues Ich die echten Menschen kennen lernen …
Frank ist nur ein Exempel vieler exemplarischer Beispiele für eine Begegnung mit den Instrumenten der medialen Gegenwart, denn jeder von uns kann ein potentieller Frank sein:wissbegierig und auf der Suche nach Liebe und Anerkennung. Doch die Entscheidung, wie viel man dabei opfern will oder kann, muss jeder für sich verhandeln.
Zur Vorlage
Der in Briefform konzipierte Roman „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ von Mary Shelley (1797-1851) wurde 1818 erstmals anonym veröffentlicht und zählt heute zu den wichtigsten Werken der britischen Literaturgeschichte. Geboren wurde die Idee zu dem Roman bereits 1816 am Genfer See im illustren Freundeskreis um Lord Byron sowie Mary und Percy Bysshe Shelley, die einen internen Wettbewerb um die schönste Gruselgeschichte auslobten. Seitdem ist der Roman unzählige Male für Bühne, Film und Fernsehen bearbeitet worden. Bis heute hat Shelleys konzeptioneller und zugleich warnender Ansatz nichts an seiner Aktualität eingebüßt. Ihren Protagonisten Viktor Frankenstein, der ein Monster erschafft, ohne an die Folgen zu denken, lässt sie die Kontrolle über sein Leben verlieren und schickt ihn auf eine lange Reise und nicht zuletzt eine Jagd, die erst im ewigen Eis ihr Ende finden soll.
Zur Konzeption
Shelleys Roman dient Nis Søgaard und Jana Barthel als konzeptioneller Leitfaden für die Auseinandersetzung mit unserer medialen Gegenwart und der eigenen Identität zwischen analogen und digitalen Welten. Die Möglichkeiten der optimierten Selbstdarstellung lassen virtuelle Persönlichkeiten entstehen, die lebendiger, schöner und belastbarer zu sein scheinen als die echten Menschen dahinter. Auch Frank legt mit seiner Kreatur ein ideales Spiegelbild seiner selbst frei. Er wird zum Schöpfer eines virtuellen Egos, das sich nun verselbstständigt. Und plötzlich weiß er nicht mehr, wohin mit der fremdgewordenen Persönlichkeit. Während diese ihr Unwesen treibt, beginnt eine schizophrene Jagd um das eigene Ich.
In einer performativen Laborsituation nähern sich drei Spieler aus verschiedenen Perspektiven Shelleys Romanerzählung und der brüchigen, vielschichtigen Figur Frank. Mit allen Mitteln versuchen sie, sich seinen virtuellen Kommunikations- und Experimentierräumen zu öffnen, um seiner habhaft zu werden und die Geschichte auf die Bühne zu bringen. Doch wo fängt dieseüberhaupt an, wenn sich die Erzählmodi in zahlreichen digitalen Kanälen verzweigen und vereinzeln lassen, wenn die virtuellen Abbilder Franks immer facettenreicher und zugleich unwirklicher werden, wenn man sich so leicht in den Möglichkeiten, Chancen und Gefahren der digitalen Medienwelt verlieren kann und schließlich vielleicht selbst dem perfekten Spiegelbild erliegt? Gehen wir also zurück zum Anfang, zur Schöpfung, als Gott den perfekten Menschen schuf …
(Produktion für Jugendliche und Erwachsene)
Regie und Bühnenfassung: Nis Søgaard
Ausstattung: Jana Barthel
Es spielen: Claudia Acker, Mona Krueger, Tobias Eisenkrämer