In einer Welt, in der moralische Grundsätze ihre Bedeutung verloren haben, findet Amor einen Gleichgesinnten – wie er selbst ein herrschsüchtiges Kind, das verehrt und angebetet werden möchte, das sich gegen ältere Autoritäten auflehnt und seine Launen frei und skrupellos auszuleben sucht: der römische Kaiser Nero. Obwohl mit Ottavia verheiratet, hat er sich unsterblich in die wunderschöne Poppea verliebt, die nun ihrerseits ihre alte Liebe Ottone zurückweist, weil sie nicht nur scharf auf Nero, sondern auch auf die kaiserliche Macht ist. Und weil sich auch die eifersüchtige Ottavia nicht gerade zimperlich im Umgang mit Menschenleben erweist und sich mit Ottone gegen Poppea verschwört, findet man schnell einen Grund, sie und alle Widersacher loszuwerden.
Nur Neros Lehrer Seneca, der Philosoph und Vertreter einer stoischen, leidenschaftslosen und rationalen Weltsicht, versucht als einzige moralische Instanz in das Geschehen einzugreifen und seinen Zögling auf die rechte Bahn zurückzuführen. Doch seine hehren Grundsätze von einem vernunftbestimmten und gerechten Herrschertum verhallen als leere Worthülsen in einem Raum entfesselter Leidenschaften.
Als eine der bedeutendsten Opernschöpfungen des 17. Jahrhunderts ist »Die Krönung der Poppea« die Apotheose einer skrupellosen Liebe jenseits von Gut und Böse, einer Liebe, für die moralische Prinzipien keine Gültigkeit mehr haben. In ihrer Ambivalenz, in der der Konflikt zwischen Moral, Vernunft und einer Leidenschaft, die auf ihrem Recht beharrt, letztlich ungelöst bleibt, erweist sich die bis heute nicht verblasste Modernität dieser Oper, die erstmals in der Musikgeschichte nicht mythologische Gestalten auf die Bühne bringt, sondern leibhaftige Menschen. Die Abkehr von allegorischen Bedeutungen und moralischen Belehrungen und die Hinwendung zum Einzelschicksal und zum individuellen Handeln in seiner Triebhaftigkeit findet seine Entsprechung in der ausdifferenzierten musikalischen Gestaltung, die das Innenleben der Personen in seinen feinsten Schwankungen nachvollzieht. Dadurch wird das Spannungsverhältnis zwischen Machtstrukturen und der Utopie einer grenzenlosen Freiheit betont, die letztlich doch ungreifbar bleibt, weil der Weg dorthin über Leichen führt.
Oper in einem Prolog und drei Akten (1642)
Text von Giovanni Francesco Busenello
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung
Howard Arman
Inszenierung
Ingo Kerkhof
Raum
Dirk Becker
Kostüme
Stephan von Wedel
Choreographie
Mathias Brühlmann
Licht
Susanne Reinhardt
Dramaturgie
Klaus Angermann
Besetzung
Poppea
Stella Motina
Nerone
Monika Walerowicz
Ottone
Julie-Marie Sundal
Ottavia
Josy Santos
Seneca
Daniel Eggert
Drusilla/Stimme der Athene
Ania Vegry
Amore (Valletto)
Ylva Stenberg
Arnalta/Nutrice
Sung-Keun Park
Lucano
Uwe Gottswinter
Liberto
Jonas Böhm
Soldat
Edward Mout
Orchester
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Termine
07.06.19 Fr 19:30
13.06.19 Do 19:30
15.06.19 Sa 19:30
19.06.19 Mi 19:30
26.06.19 Mi 19:30
30.06.19 So 18:30
02.07.19 Di 19:30
Das Bild zeigt Claudio Monteverdi