Frankenstein ist die neue Ensemble-Produktion in einer Inszenierung von Loes Snijders. Mit nur 18 Jahren schrieb Mary Shelley vor 200 Jahren in dem Jahr ohne Sommer diesen Roman, der zu den bedeutendsten der englischen Literatur gehört. Verursacht durch einen der heftigsten Vulkanausbrüche der Geschichte, in Deutschland wurde das Jahr auch "achtzehnhundertunderfroren" genannt, fiel der Sommer aus und eine Gruppe junger Engländer und Engländerinnen, unter anderem Lord Byron, hatte sich in ein Landhaus am Genfer See zurückgezogen. Den zum Zeitvertreib gestarteten Wettbewerb um die beste Gruselgeschichte gewann die junge Mary Shelley mit ihrer Geschichte von der Erschaffung eines künstlichen Wesens.
Der ehrgeizige Wissenschaftler Viktor Frankenstein, vom Glauben an die Wissenschaft und deren Unbegrenztheit getrieben, erschafft künstlich einen Menschen. Zum Leben erweckt, wird das Geschöpf durch die Ausgrenzung der Menschen bösartig. Sein Schöpfer entzieht sich der Verantwortung für sein Werk, das nur durch Beobachtung der Menschen und die Begegnung mit einem Blinden eine Sozialisation erfährt. Seine Einsamkeit quält es so sehr, dass es von seinem Schöpfer die Erschaffung eines Gefährten fordert. Die Weigerung Viktors schlägt in Hass um, so dass das Geschöpf ihm seine Frau raubt und ermordet. Viktor holt sie von den Toten zurück, aber die Wiederbelebte, selbst entstellt, flieht vor ihm mit dem Geschöpf in die gemeinsame Einsamkeit.
Ist das Machbare erlaubt? Die Ethik der Wissenschaft versus Forscherdrang und Flucht aus der Verantwortung sind Themen, die durch die Forschungen des Chinesischen Arztes und seinem gelungenen Eingriff in das Genmaterial eine brisante Aktualisierung erfahren haben. Das Geschöpf mit seinem Wunsch nach Gemeinschaft und dem Diktat der Schönheit, das ihn ausgrenzt, sind das Spielfeld der Inszenierung. Das „Riesenbaby“, das von einem Blinden an die Welt herangeführt wird, ist kein Monster, sondern eine tragische, Liebe einfordernde Figur. In der Reflexion zeigt das Geschöpf mehr Menschlichkeit als sein Schöpfer, das seine Umwelt vernachlässigt und nur von seinem enormen Ego getrieben wird.
Umgesetzt wird die Produktion mit einen kleinen Team, mit dem das Theater schon 2018 sehr erfolgreich Babettes Fest auf die Bühne gebracht hatte. Der dramaturgische Kunstgriff, Mary Shelleys Geschichte live und von ihr kommentiert und begleitet auf der Bühne entstehen zu lassen, bietet die künstlerische Freiheit des Erzähltheaters, das die Inszenierungen von COMOEDIA MUNDI seit Jahrzehnten prägt. Mit Loes Snijders als künstlerische Leiterin doppelt sich in ihr die Rolle der Akteurin und Regisseurin, unterstützt von Meriel Brütting als Geburtshelferin und Auge von aussen und Ulrike Moeckel, die der Inszenierung ihren letzten Schliff verlieh.
Loes Snijders (NL) Kreatur
Iken Marei Sturm Mary Shelley, Student, Frau auf dem Markt, Agatha
Christina Schmideder Student, Frau auf dem Markt, Hure, Felix, Elisabeth
Fabian Schwarz Viktor Frankenstein, Blinder Mann
Musik + Klangräume Robert Stephan
Regie Loes Snijders
Assistenz Meriel Brütting
Text-Bearbeitung Fabian Schwarz
Kostüme Camille K-MI Schwarz
Bühne (Bau + Konzept + Lichtgestaltung) Fabian Schwarz
Theatertechniker Jesse Lewis
Bis zum 6. August stehen Theaterzelt und Wagen am Schaumainkai / Museumsufer Höhe Filmmuseum. Gefördert wird das Musik- und Theaterfestival Tangente vom Kulturreferat der Stadt Frankfurt und dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft & Kunst.
Weitere elf Aufführungen folgen in insgesamt drei Blocks ( 27.6. – 29.6. / 10. – 13.7. / 31.7. – 3.8.)
Alle infos: www.comoedia-mundi.de