Als Librettist Giuseppe Verdis für Otello und Falstaff ist der Italiener Arrigo Boito dauerpräsent auf der Opernbühne. Doch auch seine eigene Oper Mefistofele, nach ins Italienische übersetzten Szenen der deutschen Faust-Tragödie von Goethe, erscheint derzeit wieder häufig in den Spielplänen. Boitos Wahl der Titelfigur stellt nicht – wie Goethe – den Menschen Faust, sondern den Verführer Mephisto ins Zentrum. Durch eigene Textzugaben lenkt Boito in eine neue Perspektive voller sarkastischer Pointen. Daneben setzt er himmlische Engelschöre mit strahlenden Blechbläsern und höllische Hexenkessel mit Schellengeklingel bildlich und klanglich groß in Szene und lässt beide Sphären teils bedeutungsschwanger, teils ironisch um Welt und Menschheit streiten.
Mefistofele zeigt einen universalen Kosmos heutiger Entsprechungen zwischen Hoffnung und Apokalypse. Stephan Zilias als Musikalischer Leiter sucht für den jeweiligen Sphärenklang Plätze in höchsten Höhen und tiefsten Tiefen des Bühnenraums. Regisseurin Elisabeth Stöppler kehrt nach Trionfo. Vier letzte Nächte nach Hannover zurück. Ihre empathisch analysierende Handschrift wird fokussiert durch Joki Tewes und Jana Findeklee (Bühne, Kostüme), die Mefistofele mit verblüffenden Metaphern und unheiligen, lustvoll mit den Klischees von Himmel und Hölle spielenden Bildern ausstatten.
Zwischen dem Himmel auf Erden und der Hölle auf Erden öffnet sich dem Menschen seit jeher die uralte biblische Gefahr der Versuchung: Wer und was verführt uns? Wie weit sind wir bereit zu gehen, um unsere Herzenswünsche zu erfüllen, und welche Konsequenzen nehmen wir dafür in Kauf? Faust, zunächst ein „Jedermann“, schwingt sich im durch Mefistofeles Allmachtsversprechen angefeuerten Größenwahn selbst zu Gottgleichheit auf. Sein Ego-Trip führt jedoch nicht ans Ziel seiner Träume, sondern in die Einsamkeit einer selbstkreierten Welt, die nicht lebensfähig ist und sich selbst zerstört.
Boitos Musik mischt Spätromantik und Moderne. Sie kennt klangmächtigen Wagner und bleibt doch italienisch, sie präsentiert himmlische und höllische Chor-Tableaus und melodiöses Arien-Schwelgen in Margheritas Kerker-Szene, sie bietet Klangeffekte, indem sie Mefistofele mit teuflischen Geräuschen und höllischem Lachen auf Gott, Welt und Menschen buchstäblich pfeifen lässt.
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Inszenierung Elisabeth Stöppler
Musikalische Leitung Stephan Zilias / James Hendry
Bühne, Kostüme Jana Findeklee / Joki Tewes
Licht Elana Siberski
Chor Lorenzo Da Rio
Kinderchor Tatiana Bergh
Dramaturgie Regine Palmai
Xchange Kirsten Corbett
Mefistofele Shavleg Armasi
Faust Pavel Valuzhin
Margherita, Elena Barno Ismatullaeva
Wagner, Neréo Philipp Kapeller / Pawel Brozek
Marta, Pantalis Monika Walerowicz
Eine Sirene Petra Radulović / Beatriz Miranda
Gott Heinrich Horwitz
Chor der Staatsoper Hannover,
Extrachor der Staatsoper Hannover,
Kinderchor der Staatsoper Hannover,
Statisterie der Staatsoper Hannover,
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover