Im Mittelpunkt des Abends steht eine musikalische Struktur, die Alain Franco aus Werken von Claude Debussy und Tristan Murail, insbesondere dessen »Territoires de l’oubli«, gestaltet hat und die er selbst am Klavier spielt. Während die Impressionisten um Debussy darauf abzielten, den subjektiven Eindruck externer Bilder in ihren Werken wiederzugeben, richtet der Spektralist Murail den Blick ganz auf die Musik selbst und erschafft aus ihren einzelnen Parametern vielschichtig erfahrbare Klangräume, die sich den Vorurteilen des Sehens entziehen.
Einzige Darstellerin auf der Bühne ist eine Person mit Sehbehinderung – jemand, für den der Hör- und Tastsinn die einzigen Wegweiser in der Welt und die Grundlage der inneren Vorstellungskraft sind. Ihr inneres Wissen, ihre nicht von Bildern überlagerte Wahrnehmung von Musik sucht sie dem Publikum in dieser Installation näherzubringen.
Der Bühnenraum, vielmehr ein Erfahrungsraum, ist inspiriert von den impressionistischen großformatigen Abbildungen von Seerosenteichen. Wasser spielt in der Installation eine wichtige Rolle – ein mobiles Element, ohne definierte Form, dessen Oberfläche und Farbe sich in Abhängigkeit von der Musik verändert. Auch Licht- und Farbeffekte, die auf die Musik reagieren, kommen zum Einsatz. Das Publikum ist eingeladen, sich auf seine individuelle Musikwahrnehmung zu fokussieren und diese zu befragen.
Neben der Regie gestaltet Silvia Costa das Kostüm- und Bühnenbild, an dem auch Michele Taborelli mitwirkt. Das musikalische Konzept und der sehr anspruchsvolle Klavierpart liegen in den Händen von Alain Franco. Das Sounddesign übernimmt Nicola Ratti und für das Licht zeichnet Marco Giusti verantwortlich.
Silvia Costa studierte Bildende Kunst und Theater an der der Università IUAV di Venezia. Danach begann sie mit der Entwicklung einer eigenen poetischen Theatersprache, geprägt von einer tiefen Reflexion über die Rolle der Bildlichkeit im Rahmen der Bühnenkunst. Durch ihre vielfältigen Tätigkeiten als Schriftstellerin, Regisseurin, Performerin und Bühnenbildnerin verbindet sie in ihrer Arbeit verschiedene ästhetische Herangehensweisen. Sie realisierte bereits zahlreiche Theaterprojekte und Video- sowie choreografisch-musikalische Installationen und wirkte als Schauspielerin und künstlerische Mitarbeiterin an den meisten Theater- und Opernproduktionen von Romeo Castellucci mit.
Alain Franco studierte Klavier und Musiktheorie und erwarb einen Post-Master-Abschluss an den Instituten IRCAM und EHESS in Paris. Sowohl als Pianist als auch als Dirigent arbeitete er mit renommierten Ensembles und Musiker:innen in Europa zusammen und entwickelte – als künstlerische Erweiterung seines Interesses an zeitgenössischer Kunst – eine spezifische Reflexion über Darstellung und Aufführung, insbesondere im Hinblick auf die Musikdramaturgie. Dies führte zu künstlerischen Kollaborationen mit Choreograph:innen, Performer:innen und Theaterregisseur:innen wie Meg Stuart, Romeo Castellucci, Anne Teresa De Keersmaeker und Jan Lauwers.
LINDEN21 ist das Format der Staatsoper, in dem mit Stückentwicklungen und anderen zeitgenössischen Tanz- und Musiktheaterproduktionen bewusst nach neuen performativen Formen gesucht wird. Nach der erfolgreichen ersten Uraufführung dieser Spielzeit DON’T YOU NOMI? folgt nun Konzert-Installation THE TIMELESS MOMENT. Im Juli steht die Musiktheater-Performance WERCKMEISTER HARMONIEN von Thom Luz (Premiere am 1. Juli 2024) auf dem Spielplan.
Inszenierung, Bühnenbild, Kostüme
Silvia Costa
Musikalisches Konzept, Klavier
Alain Franco
Sounddesign
Nicola Ratti
Licht
Marco Giusti
Mitarbeit Bühnenbild
Michele Taborelli
Dramaturgie
Christoph Lang
Mit
Fanny Däuper, Naomi Sanfo-Ansorge
Weitere Vorstellungen am 8., 9., 11., 12., 14., 15. und 17. Januar 2024
Eine Werkeinführung findet jeweils 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Foyer des Intendanzgebäudes statt.