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Schauspiel Graz, Uraufführung: "Mopedmonolog" von Paulus Hochgatterer

PREMIERE am 17. Dezember, 20.30 Uhr, HAUS DREI

Herr Rudolf ist ein kleiner, älterer Mann, der schon einiges mitgemacht hat im Leben, das er gern aus nächster Nähe mit einer gewissen Schonungslosigkeit betrachtet. Ganz im Gegensatz übrigens zu seinem Freund Max, der am liebsten in seinem Baumhaus sitzt und aus luftiger Höhe auf die Welt hinabblickt.

 

Copyright: Lex-Karelly: Rudi Widerhofer

Herr Rudolf macht es anders. Seine Methode, um  zeitweise  den  Zumutungen des Lebens zu entkommen,  ist eine  graue Puch  DS  60,  an  der  er  hingebungsvoll  herumschraubt  und  -putzt,  während  er  erzählt:  „Ich  steige  aufs  Trittbrett, mach die Tür auf, geh rein in mein Moped, setz mich hin und mach die Tür wieder zu. Eine größere Sicherheit gibt es nicht.“

Und  während  der  Theoretiker  des  Verschwindens  in  aller  Ruhe  seine  auf  zwei  Rädern  basierende Lebensphilosophie  ausbreitet,  die  Geschichte  seiner  Ehe  erzählt  (Alkohol,  Anonyme Alkoholiker, Frau ist trotzdem weg), seinen Alltag schildert (in dem eine gewisse Frau  Karoline,  Trafikantin  mit  Fernweh  und  Filmleidenschaft,  eine  nicht  unwesentliche  Rolle  spielt),  werden  mehrere  Pakete  geliefert,  deren  merkwürdiger  Inhalt  zu  einem  überraschenden  Finale  führt,  in  dem  die  graue  Puch  DS  60  einen  letzten  großen  Auftritt  hat.

Mit  düsterem  Humor,  schwebender  Poesie  und  dräuender  Spannungsdramaturgie  blickt  der österreichische Autor Paulus Hochgatterer, dessen „Böhm“ mit Nikolaus Habjan nach wie vor bei uns im Spielplan ist, auf einen unscheinbaren, grauen Niemand namens Rudolf und verbindet kleine und große Tragödien unserer Zeit zum Porträt eines Mannes, der aus der  Welt  gefallen  ist  und  dem  nur  das  Verschwinden  mit  Knalleffekt  bleibt,  um  auf  sich  
aufmerksam zu machen.

Die Studie über Einsamkeit und Radikalisierung, über zum Grau umlackiertes Türkis, das Böse in Gestalt von Firmensanierern und Fremdenpolizisten sowie verschlagene Zwillinge in Slim-fit-Anzügen wird gespielt von Rudi Widerhofer, selbst passionierter Mopedfahrer, der den Autor zu diesem Monolog inspirierte. Inszeniert wird er von Yara Michelitsch, die als eine der Schauspielhaus-Assistent*innen zuletzt einen Videofilm mit Rudi Widerhofer realisierte und nun im HAUS DREI ihre „Meisterprüfung“ ablegt.
 
Zur Regisseurin
Yara Michelitsch wurde 1992 in Graz geboren. 2014 zog sie nach Wien, um Kultur- und Sozialanthropologie  mit  Fokus  auf  Visuelle  Anthropologie  und  Dokumentation  sowie  Theater-,  Film-  und  Medienwissenschaften  zu  studieren.  2016  erschien  im  Rahmen  der  „ethnocineca - International Film Festival“ ihre erste filmische Mitarbeit.  2017.2018  hospitierte  Yara  Michelitsch  am  Schauspielhaus  Graz  im  Bereich  Regie  unter  anderem  bei  Claudia  Bauer  und  Alexander  Eisenach.  Außerdem  war  sie  2018  bei  der  „Diagonale - Festival des österreichischen Films“ sowie beim DramatikerInnenfestival 2018 und 2019 tätig.  

Seit 2018 studiert sie Kulturmanagement im Master in Lüneburg. In  der  Spielzeit  2018.2019  war  sie  als  Gastassistentin  u.  a.  bei  „Die  Revolution  frisst  ihre  Kinder!“  (Regie:  Jan-Christoph  Gockel),  „Pfeil  der  Zeit“  in  der  Inszenierung  von  Blanka  Rádóczy und „ruhig Blut“ (Regie: Clara Weyde) bei den Autorentheatertagen in Berlin tätig.
Seit der Spielzeit 2019.2020 ist Yara Michelitsch feste Regieassistentin am Schauspielhaus Graz.  2020  inszenierte  sie  vier  Mikrodramen  aus  der Reihe  #neuesdramazuhause  für  die  Kamera: „Es ist halt der Ausnahmezustand“ von Eleonore Khuen-Belasi, „Aprilwetter“ von Simona Hamer, „Isolation mit Falafel Bowl“ von Pia Hierzegger und „Satan als Frau“ von Martina Clavadetscher (letztere drei gemeinsam mit Matthias Dielacher). „Mopedmonolog“ ist ihre erste Inszenierung für die Bühne des Schauspielhauses.

Regie    Yara Michelitsch
Bühne & Kostüm    Matthias Dielacher
Video    Thomas Achitz
Dramaturgie    Hannah Mey
 
Mit    Rudi Widerhofer
 
 

 

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