
Herr Rudolf macht es anders. Seine Methode, um zeitweise den Zumutungen des Lebens zu entkommen, ist eine graue Puch DS 60, an der er hingebungsvoll herumschraubt und -putzt, während er erzählt: „Ich steige aufs Trittbrett, mach die Tür auf, geh rein in mein Moped, setz mich hin und mach die Tür wieder zu. Eine größere Sicherheit gibt es nicht.“
Und während der Theoretiker des Verschwindens in aller Ruhe seine auf zwei Rädern basierende Lebensphilosophie ausbreitet, die Geschichte seiner Ehe erzählt (Alkohol, Anonyme Alkoholiker, Frau ist trotzdem weg), seinen Alltag schildert (in dem eine gewisse Frau Karoline, Trafikantin mit Fernweh und Filmleidenschaft, eine nicht unwesentliche Rolle spielt), werden mehrere Pakete geliefert, deren merkwürdiger Inhalt zu einem überraschenden Finale führt, in dem die graue Puch DS 60 einen letzten großen Auftritt hat.
Mit düsterem Humor, schwebender Poesie und dräuender Spannungsdramaturgie blickt der österreichische Autor Paulus Hochgatterer, dessen „Böhm“ mit Nikolaus Habjan nach wie vor bei uns im Spielplan ist, auf einen unscheinbaren, grauen Niemand namens Rudolf und verbindet kleine und große Tragödien unserer Zeit zum Porträt eines Mannes, der aus der Welt gefallen ist und dem nur das Verschwinden mit Knalleffekt bleibt, um auf sich
aufmerksam zu machen.
Die Studie über Einsamkeit und Radikalisierung, über zum Grau umlackiertes Türkis, das Böse in Gestalt von Firmensanierern und Fremdenpolizisten sowie verschlagene Zwillinge in Slim-fit-Anzügen wird gespielt von Rudi Widerhofer, selbst passionierter Mopedfahrer, der den Autor zu diesem Monolog inspirierte. Inszeniert wird er von Yara Michelitsch, die als eine der Schauspielhaus-Assistent*innen zuletzt einen Videofilm mit Rudi Widerhofer realisierte und nun im HAUS DREI ihre „Meisterprüfung“ ablegt.
Zur Regisseurin
Yara Michelitsch wurde 1992 in Graz geboren. 2014 zog sie nach Wien, um Kultur- und Sozialanthropologie mit Fokus auf Visuelle Anthropologie und Dokumentation sowie Theater-, Film- und Medienwissenschaften zu studieren. 2016 erschien im Rahmen der „ethnocineca - International Film Festival“ ihre erste filmische Mitarbeit. 2017.2018 hospitierte Yara Michelitsch am Schauspielhaus Graz im Bereich Regie unter anderem bei Claudia Bauer und Alexander Eisenach. Außerdem war sie 2018 bei der „Diagonale - Festival des österreichischen Films“ sowie beim DramatikerInnenfestival 2018 und 2019 tätig.
Seit 2018 studiert sie Kulturmanagement im Master in Lüneburg. In der Spielzeit 2018.2019 war sie als Gastassistentin u. a. bei „Die Revolution frisst ihre Kinder!“ (Regie: Jan-Christoph Gockel), „Pfeil der Zeit“ in der Inszenierung von Blanka Rádóczy und „ruhig Blut“ (Regie: Clara Weyde) bei den Autorentheatertagen in Berlin tätig.
Seit der Spielzeit 2019.2020 ist Yara Michelitsch feste Regieassistentin am Schauspielhaus Graz. 2020 inszenierte sie vier Mikrodramen aus der Reihe #neuesdramazuhause für die Kamera: „Es ist halt der Ausnahmezustand“ von Eleonore Khuen-Belasi, „Aprilwetter“ von Simona Hamer, „Isolation mit Falafel Bowl“ von Pia Hierzegger und „Satan als Frau“ von Martina Clavadetscher (letztere drei gemeinsam mit Matthias Dielacher). „Mopedmonolog“ ist ihre erste Inszenierung für die Bühne des Schauspielhauses.
Regie Yara Michelitsch
Bühne & Kostüm Matthias Dielacher
Video Thomas Achitz
Dramaturgie Hannah Mey
Mit Rudi Widerhofer