Er wird nicht kommen, dieser ominöse Godot, aber erwartet wird er trotzdem. Vielleicht lieber gehen? Aber was, wenn er doch kommt? In diesem Dilemma stecken Wladimir und Estragon fest, es gibt kein Vor und kein Zurück. Maximal oszilliert die Handlung von Samuel Becketts Theaterstück »Warten auf Godot« zwischen einem desillusionierenden »noch nicht« und einem hoffnungsvollen »sicher bald«. Die beiden Protagonisten sitzen ihre Zeit ab, sitzen ihre Existenz aus: In einer leeren Landschaft vertreiben sie sich die Zeit mit Spielchen und spüren Erinnerungen nach, die sich mehr und mehr abnutzen.
Mit diesem Herzstück des absurden Theaters beschrieb Beckett 1948, als die Wunden des Zweiten Weltkriegs noch frisch waren, die Sehnsucht des Menschen nach einer unbestimmten Erlösung, die ihn von der ewigen Frage nach dem Sinn des Daseins befreit. In unserer Zeit des medialen Dauerfeuers scheint die Diktatur der einfachen Antworten besonders attraktiv. Sandra Strunz inszeniert Becketts ungebrochen erfolgreiches Werk als Bestandsaufnahme der Moderne, in der sich die erwarteten Erlöser stetig multiplizieren und in der Vielen von uns das Handeln trotz besseren Wissens so schwer fällt.
Mit »Warten auf Godot« von Samuel Beckett präsentiert das Nationaltheater Mannheim am Goetheplatz einen Klassiker des modernen Theaters. Regisseurin Sandra Strunz, die die vergangene Spielzeit am NTM mit der Uraufführung »Der Elefantengeist« von dem kürzlich mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichneten Lukas Bärfuss eröffnete, inszeniert Becketts ungebrochen erfolgreiches Werk als Bestandsaufnahme der Moderne, in der Vielen von uns das Handeln trotz besseren Wissens so schwer fällt. Die Szenerie, in der sich das Ensemble um Samuel Koch in der Rolle des Pozzo auf der Bühne von Philip Bußmann wiederfindet, ist keine karge, leere Landschaft wie in Becketts Vorlage, sondern führt die Zuschauer direkt ins Herzstück eines Jahrmarkts: den Autoscooter. Dort warten Martin Weigel als Waldimir und Matthias Breitenbach als Estragon auf einen Erlöser, der nicht kommen wird.
Die schwäbische Firma Paravan, Spezialistin für die behindertengerechte Umrüstung von Fahrzeugen, hat in Kooperation mit dem Schauspiel des NTM Samuel Kochs Autoscooter so modifiziert, dass die Steuerung für den Schauspieler möglich ist.
Regie: Sandra Strunz
Bühne: Philip Bußmann
Kostüme: Daniela Selig
Musik: Karsten Süßmilch
Choreografie: Lisi Estaras
Licht: Wolfgang Schüle
Dramaturgie: Kerstin Grübmeyer
Wladimir: Martin Weigel
Estragon: Matthias Breitenbach
Pozzo: Samuel Koch
Lucky: Robin Krakowski
Junge: Karsten Süßmilch
Weitere Vorstellungen von »Warten auf Godot« finden am 26. Oktober sowie am 9., 15. und 18. November statt.