Oder gibt es da doch heimliche Doppelgänger*innen, die Alpträume in die Tat umsetzen? Und was ist man bereit zu tun, um die Hände nach getaner Tat in Unschuld zuwaschen?
«Die Affäre Rue de Lourcine» entsteht an einem Wendepunkt im Schreiben Eugène Labiches: Er möchte neben seiner Königsdisziplin, dem Vaudeville-Cauchemar, in dem er mit derber Komik und ohne große Rücksicht auf Logik und Psychologie Liebeswirren und andere Katastrophen im Leben des gehobenen Bürgertums in Szene setzt, auch tiefgründigere Töne anschlagen. Auch wenn er an der Comédie-Française nie wirklich reüssiert und als Erfinder der Boulevardkomödie und Meister des Amüsements in die Literaturgeschichte eingehen wird, verpasst er der «Rue de Lourcine» doch zumindest einen doppelten Boden.
«Wenn die gesellschaftliche Ordnung konsolidiert ist, sind demjenigen alle Freiheiten erlaubt, der durch die Wirklichkeit nicht beunruhigt ist», schreibt Jean Jourdheuil über die Texte Labiches. Doch genau diese Beunruhigung tritt in diesem Stück ein: Lenglumé beginnt sich vorzustellen, wozu er fähig sein könnte, und so wird – zumindest für einen Tag – seine Selbstgewiss- und -zufriedenheit brüchig.
Auf die Residenztheaterbühne gebracht wird «Die Affäre Rue de Lourcine» von dem ungarischen Regisseur András Dömötör, der 2020 bereits Beniamin M. Bukowskis «Marienplatz» mit viel Einfallsreichtum und absurder Komik inszeniert hat.
Inszenierung András Dömötör
Bühne und Kostüme Sigi Colpe
Musik Tamás Matkó
Video Zsombor Czeglédi
Licht Markus Schadel
Dramaturgie Katrin Michaels
Mit: Mareike Beykirch, Barbara Horvath, Thomas Lettow, Pujan Sadri, Michael Wächter; Christoph Karstens (Live-Video)