Paloma Muñoz' Choreografie entspringt ihrer Betrachtung eines Körpers, der mit allem, was ihn umgibt, in Kontakt steht. Beginnend mit einem getanzten Solo zu Kaija Saariahos Violin-Solo Nocturne, lädt Muñoz das Publikum ins Theater ein, um ein Verständnis für die Intimität unserer Begegnungen zu entwickeln. Die Berührung ist der Ort, an dem sich alle Elemente der Choreografie treffen. Berührung eröffnet hier alle Möglichkeiten für Zärtlichkeit und Schmerz. In der Fortsetzung von John Cages The Seasons mit dem Sinfonieorchester Münster wird das Werk noch weitläufiger. Muñoz vervielfacht die Überlegungen zu Koexistenten und ontologischen Hierarchien. In der dystopischen Umgebung ist keines der Aufführungselemente (Klang, Kostüm, Licht, Bühnenbild, Architektur) untergeordnet. Dies erinnert an die Prinzipien der Zusammenarbeit von John Cage und Merce Cunningham bei der Uraufführung von The Seasons (Ballet Society, 1947).
In Lillian Stillwells Choreografie zu Antonio Vivaldis Die Vier Jahreszeiten, die 200 Jahre vor Cage komponiert wurde, sehen wir eine Formen- und Erfahrungssprache, die das Abstrakte mit dem Emotionalen verbindet. Gefahr und Freude, Hoffnung und Trauer sind nicht nur zu sehen, sondern in den perkussiven Wellen und Kanons der Choreografie zu spüren. Wiederholungen, Rituale und leise Zwischentöne kleiner Intimitäten greifen das Thema des Abends, die Generationen, auf. Stillwell erforscht die kulturübergreifende Geschichte der Verletzlichkeit von Generationen und die aktuelleren Sorgen über das Artenschwinden. Verschiebungen in der Partnerwahl würdigen Verschiebungen im Denken über Verantwortung, Verwandtschaft, Gemeinschaft, Zugehörigkeit - Verschiebungen, die wir vielleicht aus unserem eigenen sozialen Leben oder aus wissenschaftlichen Theorien oder Philosophien der Vorstellungskraft her kennen.
Die Kostüme, die unter Verwendung nachhaltiger Stoffe und Prinzipien aus Louise Flanagans Kostümkollektion für die Saison 2022/23 entworfen wurden, sind im Laufe des gesamten Abends zu sehen. Das modulare Bühnenbild von Stella Sattler und Jonathan Brügmann, Gewinner des Wettbewerbs Nachhaltige Tanz-Bühne des Theater Münster, optimiert den Einsatz von menschlichen und materiellen Ressourcen im Bauprozess und bietet gleichzeitig unzählige künstlerische Möglichkeiten für Tanzabende in den ersten beiden Spielzeiten von Tanz Münster. Der Lichtdesigner Marco Vitale hat mit einem digitalen Entwurf zur Minimierung des Energieverbrauchs beigetragen. Der US-amerikanische Dichter, Essayist, Übersetzer und Aktivist GE Patterson, Autor zahlreicher Gedichtbände, stößt als Gastdramaturg zum Team.
Musik von John Cage, Jackie Jenkins, Kaija Saariaho, Antonio Vivaldi
Musikalische Leitung: Thorsten Schmid-Kapfenburg
Choreografie: Paloma Muñoz, James Vu Anh Pham, Lillian Stillwell
Choreografische Assistenz: Stefanie Fischer
Bühne: Stella Sattler & Jonathan Brügmann
(Gewinner-Team Nachaltige TanzBühne)
Kostüme: Louise Flanagan
Dramaturgie: GE Patterson
Mitwirkende:
Tanz Münster (Filippo Buonamassa, Amanda Cruz Portuondo, Yoh Ebihara, Hana Kato, Bartlomiej Kowalczyk, Juan Fernando Morales Londoño, Hera Norin, Enrique Sáez Martínez, Giorgia Scisciola, Aline Serrano, Nadja Simchen, Keelan Whitmore, Jack Widdowson), Tanz Münster Studio (Lukas Bisculm, Maren Sauer), Sologeige (Midori Goto, Mihai Ionescu) Sinfonieorchester Münster
Weitere Termine
Di. 21.03.2023, 19.30 / Do. 30.03.2023, 19.30 / Mi. 05.04.2023, 19.30 / Sa. 15.04.2023, 19.30 / So. 23.04.2023, 18.00 / Do. 27.04.2023, 19.30 / Mi. 03.05.2023, 11.00-12.00 Schulvorstellung/mit Tonaufnahme / Do. 04.05.2023, 19.30 / Fr. 12.05.2023, 11.00-12.00 Schulvorstellung/mit Tonaufnahme / Mi. 24.05.2023, 11.00-12.00 / Fr. 26.05.2023, 19.30 / Do. 01.06.2023, 19.30 / So. 11.06.2023, 18.00 / So. 18.06.2023, 16.00, jeweils Großes Haus