
Er verbietet es, den Angreifer Polyneikes zu bestatten, woraufhin dessen Schwester Antigone revoltiert und lieber in den Tod geht, als sich dem königlichen Befehl zu fügen. Was steht hier gegeneinander? Staatsgewalt gegen religiöse Sitte, strikter rationaler Befehl gegen aufbegehrendes Gefühl, alter Mann gegen junge Frau? Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek begreift als dritte Gewalt den Chor, das Volk und zeigt damit, wie weit sich der Zwist im Königshaus von der gesellschaftlichen Realität entfernt hat. Mateja Koležnik kombiniert Sophokles’ Drama mit dieser aktuellen Lesart und interpretiert den Mythos neu für eine Zeit, in der persönliches und gesellschaftliches Wohl aufs Neue hart gegeneinander abgewogen werden.
«Ich weiß, dass es im Theater darum geht, zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden, sich zu entscheiden, auf Seite welcher Figur man steht. In ‹Antigone› steht das persönliche Recht, das sich auf die eigene Familie, den eigenen Glauben beruft, dem des Staats und seiner Beschlüsse gegenüber. Lese ich das Stück heute, denke ich, dass beide im Unrecht sind und dass sie nicht einmal bereit sind, einander zuzuhören. Deshalb möchte ich die Geschichte aus beiden Perspektiven erzählen.» Mateja Koležnik
ZU SLAVOJ ŽIŽEK
Geboren 1949 in Ljubljana in Slowenien, studierte er an der Universität Ljubljana Philosophie und Soziologie, promovierte zum Doktor der Philosophie und anschließend an der Universität Paris VIII zum Doktor der Psychoanalyse. Bei den ersten demokratischen Wahlen nach dem Zerfall Jugoslawiens im Jahr 1990 kandidierte er für das Präsidentenamt Sloweniens. Er hatte Gastprofessuren an den Fakultäten für Psychoanalyse, Soziologie und Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft in Paris VIII, Buffalo, Minnesota, New Orleans, Princeton, Michigan und mehrfach in New York inne. Von 2000 bis 2002 leitete er eine Forschungsgruppe am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen. Heute lehrt er an der European Graduate School, am Birkbeck College der University of London und am Institut für Soziologie der Universität Ljubljana. In seinen Analysen und Schriften greift der Philosoph, Kulturkritiker und Theoretiker der Psychoanalyse auch auf zahlreiche Hollywood-Filme und Opern zurück. Bekannt wurde er durch die Weiterentwicklung der Psychoanalyse Lacans in das Feld der Populärkultur und Gesellschaftskritik. Zudem setzte er sich mit Hegel und Marx, Poststrukturalismus, Medientheorie, Feminismus und Cultural Studies auseinander.
Žižek zählt zu den bedeutendsten Philosophen unserer Zeit. Seine erste englischsprachige Buchveröffentlichung «The Sublime Object of Ideology» erschien 1989. Seitdem hat er über fünfzig Bücher verfasst, die in zwanzig Sprachen übersetzt wurden. Auf Deutsch sind zuletzt erschienen: «Hegel im verdrahteten Gehirn» (2020), «Pandemie! II. Chronik einer verlorenen Zeit» (2021), «Ein Linker wagt sich aus der Deckung. Für einen neuen Kommunismus» (2021), «Unordnung im Himmel. Lageberichte aus dem irdischen Chaos» (2022). «Die drei Leben der Antigone» ist Žižeks erstes Theaterstück, das 2019 am Nationaltheater Zagreb uraufgeführt wurde.
in einer Bearbeitung von Mateja Koležnik und Diana Koloini
deutsch von Frank Born
Inszenierung Mateja Koležnik
Bühne Christian Schmidt
Kostüme Ana Savić Gecan
Musik Bert Wrede
Licht Gerrit Jurda
Choreografie Matija Ferlin
Dramaturgie Constanze Kargl