Auch wenn Titel wie Orpheus in der Unterwelt, Die schöne Helena oder Hoffmanns Erzählungen ihren festen Platz auf den Bühnen dieser Welt haben, so waren es doch die Einakter, die Jacques Offenbach zum großen Durchbruch verhalfen: schwungvoll und auf den Punkt, mit pfeffrigem Humor gewürzt und getragen von einigen seiner besten Melodien! Die Entstehung von Oyayaye fällt in dasselbe Jahr, in dem Offenbach mit »seinem« Theater, dem Théâtre des Bouffes-Parisiens erste große Erfolge feierte und steht somit ganz am Beginn seiner Karriere als Musiktheater-Komponist.
Nach einem desaströsen Konzert flieht der mittellose Kontrabassvirtuose Racle-à-mort und schifft sich als Matrose ein. Blöd nur, dass er in der Südsee Schiffbruch erleidet und auf der Insel der menschenfressenden Königin Oyayaye landet … Der alternde Advokat Fortunio würde sich auf ein solches Eiland wiederum geradezu wünschen. Ein Herzensbrecher sondergleichen, wacht er inzwischen verbissen über seine junge Frau Marie. Nicht zu Unrecht, hat sich doch Valentin, sein Sekretär, in die Schönheit verliebt. Als dieser nun die Noten zu eben jenem geheimnisvollen Lied findet – mit dem Fortunio einst die Frauenwelt bezirzte – und es einzusetzen weiß, ist die Zeit der jungen Liebenden gekommen.
In der Beziehung zwischen dem Kontrabassvirtuosen Schrubdichwund und der Menschenfresserin Oyayaye erzählt Jacques Offenbach die zeitlose Parabel des Künstlers, der vor seinem Publikum bestehen muss und sonst »gefressen« wird. Während das parodistische Oyayaye mit seinem wilden Witz vor allem den Exotismus späterer Werke wie Häuptling Abendwind oder auch Robinson Crusoe vorwegnimmt zeigt Offenbach sich mit Fortunios Lied voller emotionaler Feinheiten.
Jacques Offenbach
Oyayaye
Musikalische Menschenfresserei in einem Akt [1855]
Libretto von Jules Moinaux
Deutsche Übersetzung von Daniel Hirschel
Musikalische Leitung: Adrien Perruchon
Szenische Einrichtung: Max Hopp
Kostüme: Katrin Kath-Bösel
Mit: Ferdinand Keller (Schrubb-dich-wund, Kontrabassvirtuose), Hagen Matzeit (Oyayaye, Königin der Menschenfresser) und Burghart Klaußner (Erzähler). Es spielt das Orchester der Komischen Oper Berlin.
***
Die Melodie, die Fortunios Lied im gleichnamigen Werk bildet, entstand schon viele Jahre vor der eigentlichen »Opérette« und begleitete Offenbach als Talisman bis zu seinem Tod. Sie wurde bei seiner Totenmesse auf der Orgel gespielt zu seinem letzten Geleit.
Jacques Offenbach
Fortunios Lied
Operette in einem Akt [1861]
Libretto von Hector Crémieux und Ludovic Halévy
Deutsche Übersetzung von Ferdinand Gumbert
Musikalische Leitung: Adrien Perruchon
Szenische Einrichtung: Max Hopp
Kostüme: Katrin Kath-Bösel
Mit: Burghart Klaußner (Fortunio), Alma Sadé (Marie, Fortunios Frau), Susan Zarrabi (Valentin, Fortunios Sekretär), Hagen Matzeit (Babette, Fortunios Köchin) u.a.
Chorsolisten der Komischen Oper Berlin, Es spielt das Orchester der Komischen Oper Berlin.