Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Deutsprachige Erstaufführung: »Geht das schon wieder los – White Male Privilege« von Annelies Verbeke im Theaterhaus JenaDeutsprachige Erstaufführung: »Geht das schon wieder los – White Male...Deutsprachige...

Deutsprachige Erstaufführung: »Geht das schon wieder los – White Male Privilege« von Annelies Verbeke im Theaterhaus Jena

Premiere 21.11.2019, 20:00 Uhr

So muss sich das Warten auf's Schafott anfühlen. Lesley, Inga und Tom, drei Mitarbeiter*innen eines international agierenden Magazins, sitzen beisammen und warten auf ihr Urteil. Was geschehen ist? Zur Feier des Black Achievement-Monats hat Lesley für das Cover der Zeitschrift ein Bild einer schwarzen Frau gezeichnet, in »ihrem eigenen Stil«.

 

Sie selbst nennt es eine Ode an dieselbe, die Öffentlichkeit sieht in ihrer Zeichnung jedoch ein rassistisches Stereotyp. Die anderen zwei haben das Cover mitverantwortet und freigegeben, und nun warten sie auf ihren Schuldspruch aus der amerikanischen Mutterredaktion, während sich draußen unter dem Hashtag »zurschieflagedernation« ein immer größer werdender Protest zusammenbraut. Ist dieser Vorfall nur ein Versehen oder Ausdruck einer tiefer liegenden Struktur?
In ihrer Diskussion wird schnell offenbar, dass sie in Bezug auf ihre Situation zumindest einen Standpunkt teilen: Das war doch ganz anders gemeint, und die anderen sind sowieso immer so empfindlich. Auch wenn Inga schon vorher gezweifelt hat. Und Tom als Mann sowieso weiß, dass sein Mann-sein ihn als den Verdächtigsten überhaupt erscheinen lässt.

Das Perfide an Lesley, Tom und Inga ist jedoch nicht allein ihr Sexismus, Rassismus, etc. Vielmehr sind ist es ihre gesammelten unhinterfragten Privilegien, ihre immer mehr in blindes Um-sich-schlagen ausartende feindliche Haltung gegenüber der Welt da draußen. So ist es nur logisch, dass wir die Protagonist*innen am Ende nicht nur vor einem selbstgemachten Scherbenhaufen stehen sehen, sondern auch vor einer noch immer nicht besiegten Selbstgewissheit. Denn: »Niemand wird uns tadeln, uns, denen alle Alles zu verdanken haben.«

deutsch von Heike Baryga

Es spielen: André Hinderlich, Mona Vojacek Koper, Charlotte Puder

Regie: Wunderbaum
Bühne + Licht: Maarten van Otterdijk

Aufführungen:  28.11.2019, 20:00 Uhr, 29.11.2019, 19:00 Uhr sowie 06. und 07.12.2019, 20:00 Uhr

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 9 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier Stuttgart

Eine geschickt verwobene und raffinierte Handlung präsentiert Vladislav Grakovski in seiner Inszenierung des Kriminalstücks "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano. Spannung, Humor und…

Von: ALEXANDER WALTHER

BERÜHRENDE MOMENTE -- "Spatz und Engel" mit dem Tournee-Theater Thespiskarren (Produktion Fritz Remond Theater im Zoo, Frankfurt) im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

Edith Piaf und Marlene Dietrich stehen hier im Schauspiel mit Musik von Daniel Große Boymann und Thomas Kahry als zwei Göttinnen des Chansons im Mittelpunkt des Geschehens. Und es ist gar nicht so…

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑