So auch Natalja, die mit ihrem Mann Arkadij, Pflegetochter Vera und Sohn Kolja auf einem Gut in der russischen Pampa lebt. Sie hat sich in den neuen Hauslehrer Beljajew verliebt, mit dem sie am liebsten durchbrennen würde. Doch nicht nur Natalja ist dem jungen Mann verfallen. Auch Vera entwickelt leidenschaftliche Gefühle für ihn, ebenso wie Katja, deren Verlobung daran zu zerbrechen droht. Nur noch den sarkastischen Zuschauer im allgemeinen Gebalze in sommerlicher Hitze gibt Rakitin. Seit Ewigkeiten ist er in Natalja verliebt, hat dies aber aus Rücksichtnahme auf seine besten Freund Arkadij nie öffentlich gemacht und gefällt sich, genauso wie Natalja, in seinem Unglück. Arkadij wiederum ahnt, dass zwischen den beiden etwas läuft und verkriecht sich lieber in seine Arbeit auf dem Gut.
Patrick Marber, der zu den wichtigsten britischen Gegenwartsdramatikern gehört, hat Turgenjews Vorlage sprachlich gestrafft und geschärft. In seiner Version sind die Protagonisten der behutsam ins heute getragenen Geschichte moderne, deutlich schärfer gezeichnete Figuren, die in Ermangelung wirklich existenzieller Probleme das Liebesleid ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit rücken. Zeitlich und örtlich begrenzt bilden sie eine Gesellschaft, die sich für nicht mehr als sich selbst interessiert. In poetisch überhöhter Form gewährt das Stück einen Einblick in einige Momente ihres Alltags, den Regisseurin Juliane Kann auf einem Luxus-Zeltplatz verortet (Bühne: Vinzenz Hegemann). Ein Ort, der an Familienurlaube und durchaus auch an romantische Verstrickungen erinnert. Hier kühlt sich die gut betuchte Gesellschaft, glamourös von Josephin Thomas eingekleidet, bei einem Getränk aus dem stets gefüllten Kühlschrank ab. Obwohl in die beschwingte Atmosphäre (Musik: Daniel Freitag) immer wieder die Tragik einbricht und den schönen Schein zunichtemacht, lebt die Inszenierung von Leichtigkeit, Humor und Mitgefühl für die Figuren, denn »jeder ist ein Witz, den er selbst nicht versteht«.
Regie (Juliane Kann)
Bühne (Vinzenz Hegemann)
Kostüme (Josephin Thomas)
Musik (Daniel Freitag)
Dramaturgie (Carsten Weber)
Sebastian Nakajew (Arkadij, ein reicher Gutsbesitzer)
Johanna Geißler (Natalija, seine Frau)
Kolja Horenburg / Tim Uhlich (Kolja, ihr Sohn)
Isabel Tetzner (Vera, ihre Pflegetochter)
Elke Wieditz (Anna, Arkadijs Mutter)
Dascha Trautwein (Lisaweta, Annas Gesellschafterin)
Bastian Heidenreich (Rakitin, ein Freund der Familie)
Christoph Heckel (Shepherd, ein englischer Hauslehrer)
Jonas Schlagowsky (Beljajew, Koljas neuer Hauslehrer)
Lutz Salzmann (Spiegelskij, ein Arzt)
Bernd Lange (Bolchinzow, ein reicher Nachbar)
Thomas Kramer (Matwej, ein Bediensteter)
Rosa Falkenhagen (Katja, ein Dienstmädchen)
Weitere Vorstellungen: 7.6., 23.6. und 2.7. sowie ab September 2019 (8 – 33,70 Euro).