Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Deutsches Nationaltheater Weimar: "Drei Tage auf dem Land" von Patrick MarberDeutsches Nationaltheater Weimar: "Drei Tage auf dem Land" von Patrick MarberDeutsches...

Deutsches Nationaltheater Weimar: "Drei Tage auf dem Land" von Patrick Marber

Premiere Donnerstag, 30. Mai 2019, 19.30 Uhr im Großen Haus

Eine Komödie voll großer und kleiner Liebesdramen: „Drei Tage auf dem Land“ von Patrick Marber. In dessen feinsinniger Bearbeitung des Turgenjew-Dramas „Ein Monat auf dem Lande“ aus dem Jahr 1855 kreisen verliebt-verlorene Seelen umeinander und suchen ihr persönliches Glück stets im Anderen statt in sich selbst. Die Figuren leiden unter der Ödnis des Landlebens und erhoffen sich in der Schwärmerei einen Ausweg aus der Begrenztheit ihres Daseins.

 

Copyright: Candy Welz

So auch Natalja, die mit ihrem Mann Arkadij, Pflegetochter Vera und Sohn Kolja auf einem Gut in der russischen Pampa lebt. Sie hat sich in den neuen Hauslehrer Beljajew verliebt, mit dem sie am liebsten durchbrennen würde. Doch nicht nur Natalja ist dem jungen Mann verfallen. Auch Vera entwickelt leidenschaftliche Gefühle für ihn, ebenso wie Katja, deren Verlobung daran zu zerbrechen droht. Nur noch den sarkastischen Zuschauer im allgemeinen Gebalze in sommerlicher Hitze gibt Rakitin. Seit Ewigkeiten ist er in Natalja verliebt, hat dies aber aus Rücksichtnahme auf seine besten Freund Arkadij nie öffentlich gemacht und gefällt sich, genauso wie Natalja, in seinem Unglück. Arkadij wiederum ahnt, dass zwischen den beiden etwas läuft und verkriecht sich lieber in seine Arbeit auf dem Gut.

Patrick Marber, der zu den wichtigsten britischen Gegenwartsdramatikern gehört, hat Turgenjews Vorlage sprachlich gestrafft und geschärft. In seiner Version sind die Protagonisten der behutsam ins heute getragenen Geschichte moderne, deutlich schärfer gezeichnete Figuren, die in Ermangelung wirklich existenzieller Probleme das Liebesleid ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit rücken. Zeitlich und örtlich begrenzt bilden sie eine Gesellschaft, die sich für nicht mehr als sich selbst interessiert. In poetisch überhöhter Form gewährt das Stück einen Einblick in einige Momente ihres Alltags, den Regisseurin Juliane Kann auf einem Luxus-Zeltplatz verortet (Bühne: Vinzenz Hegemann). Ein Ort, der an Familienurlaube und durchaus auch an romantische Verstrickungen erinnert. Hier kühlt sich die gut betuchte Gesellschaft, glamourös von Josephin Thomas eingekleidet, bei einem Getränk aus dem stets gefüllten Kühlschrank ab. Obwohl in die beschwingte Atmosphäre (Musik: Daniel Freitag) immer wieder die Tragik einbricht und den schönen Schein zunichtemacht, lebt die Inszenierung von Leichtigkeit, Humor und Mitgefühl für die Figuren, denn »jeder ist ein Witz, den er selbst nicht versteht«.

Regie (Juliane Kann)
Bühne (Vinzenz Hegemann)
Kostüme (Josephin Thomas)
Musik (Daniel Freitag)
Dramaturgie (Carsten Weber)

Sebastian Nakajew    (Arkadij, ein reicher Gutsbesitzer)
Johanna Geißler    (Natalija, seine Frau)
Kolja Horenburg / Tim Uhlich    (Kolja, ihr Sohn)
Isabel Tetzner    (Vera, ihre Pflegetochter)
Elke Wieditz    (Anna, Arkadijs Mutter)
Dascha Trautwein    (Lisaweta, Annas Gesellschafterin)
Bastian Heidenreich    (Rakitin, ein Freund der Familie)
Christoph Heckel    (Shepherd, ein englischer Hauslehrer)
Jonas Schlagowsky    (Beljajew, Koljas neuer Hauslehrer)
Lutz Salzmann    (Spiegelskij, ein Arzt)
Bernd Lange    (Bolchinzow, ein reicher Nachbar)
Thomas Kramer    (Matwej, ein Bediensteter)
Rosa Falkenhagen    (Katja, ein Dienstmädchen)

Weitere Vorstellungen: 7.6., 23.6. und 2.7. sowie ab September 2019 (8 – 33,70 Euro).

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 15 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

FURCHT VOR DER FREIHEIT -- Neue Reihe "Studio goes Politics" im Studiotheater STUTTGART

Die Kabarettistin Stephanie Biesolt eröffnete zusammen mit der Schauspielerin Marion Jeiter diese neue Kabarett-Reihe im Studiotheater. Dabei wurde die AfD aufs Korn genommen. Beim "Angriff auf…

Von: ALEXANDER WALTHER

GESPENSTER UND ATEMLOSE SPANNUNG -- "Falsche Schlange" von Alan Ayckbourn im Kronenzentrum/BIETIGHEIM-BISSINGEN

Eine Prodfuktion von Tournee-Theater Thespiskarren - Theater im Rathaus Essen. - In der subtilen Regie von Gerit Kling bekommt dieser Psycho-Thriller rasch scharfe Kontur. Annabel Chester kehrt nach…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUCH DIE BILDENDE KUNST IST PRÄSENT -- Ludwigsburger Schlossfestspiele 2025

Die Festspielzeit 2025 wird am Samstag, 31. Mai 2025 mit dem Konzerthausorchester Berlin unter der Leitung von Joana Mallwitz im Forum am Schlosspark eröffnet. Neben Schuberts "Großer C-Dur-Sinfonie"…

Von: ALEXANDER WALTHER

FEINE SCHWINGUNGEN -- "Wege in die Gegenwart" - Gitarrenmusik des 20. und 21. Jahrhunderts im Kammermusiksaal der Musikhochschule STUTTGART

Gitarren-Musikstudenten der Klasse von Tillmann Reinbeck stellten sich im Kammermusiksaal der Musikhochschule vor. Der Abend begann mit "Quatre pieces breves" aus dem Jahre 1933 von Frank Martin. Das…

Von: ALEXANDER WALTHER

PEITSCHENDE RHYTHMEN -- Symphonieorchester unter Juraj Valcuha im Beethovensaal der Liederhalle STUTTGART

Ein sehr russisches Programm präsentierte das glänzend disponierte SWR Symphonieorchester unter der Leitung des slowakischen Dirigenten Juraj Valcuha diesmal in der Liederhalle. Zunächst erklang die…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑