In einer bestürzenden Dialektik von Leben und Tod hat Thomas Mann die paradoxe Situation seiner Erzählung Die Betrogene entworfen. Blühen nennen Librettist Händl Klaus und Komponist Vito Žuraj ihre Oper in sieben Bildern, welche den Stoff siebzig Jahre später weiter verdichtet und das subjektive Erleben der Protagonistin, die hier Aurelia heißt, fokussiert. Umso ambivalenter stellt sich ihr Verhältnis zur eigenen Tochter Anna dar, umso mehr erscheint der Austausch der beiden Frauen auch als eine Auseinandersetzung mit eigenen Ängsten und Unsicherheiten.
Die inhaltliche Konzentrierung schafft Leerstellen im Libretto, die eine Vertonung geradezu herausfordern. Sie verleiht nicht nur den Figuren einen je eigenen musikalischen Ausdruck und somit unverwechselbaren Charakter, sondern lässt auch der Erzählung zugrunde liegende Größen wie Schicksal und Zeit hörbar werden. Ein Chor durchzieht das Werk als besondere Klangfarbe, die den Weg Aurelias begleitet und sich schließlich in ihr »inneres Du« auflöst. So spürt die Oper jener Klanglichkeit nach, die in der Prosa der Vorlage bereits angelegt ist, und sucht zugleich überaus nuanciert nach neuen, eigenen Farbtönen.
Blühen ist die zweite Oper des slowenischen Komponisten Vito Žuraj, der u. a. mit dem Claudio-Abbado Kompositionspreis der Berliner Philharmoniker ausgezeichnet wurde. Seine Werke verbinden die Ästhetik und Technik elektronischer Klangerzeugung mit klassischem Instrumentarium – in einer eigenständigen musikalischen Sprache, die stets sinnlich bleibt. Das Komponieren für die menschliche Stimme ist Vito Žuraj ein großes Anliegen. In bedeutenden Konzertsälen und bei wichtigen Festivals bringen Klangkörper wie das New York Philharmonic Orchestra, BBC Scottish Symphony Orchestra, Ensemble intercontemporain oder der RIAS Kammerchor seine Musik zu Gehör; dem Ensemble Modern ist der Komponist seit über zehn Jahren besonders verbunden.
Libretto
Händl Klaus
Musikalische Leitung
Michael Wendeberg
Inszenierung
Brigitte Fassbaender
Bühnenbild
Martina Segna
Kostüme
Anna-Sophie Lienbacher
Licht
Jan Hartmann
Vokalensemble
Takeshi Moriuchi
Dramaturgie
Mareike Wink
mit
Aurelia
Bianca Andrew
Anna
Nika Gorič
Ken
Michael Porter
Dr. Muthesius
Alfred Reiter
Edgar
Jarrett Porter°
Vokalensemble
Marika Dzhaiani / Dina Levit / Maria Zibert / Guénaelle Mörth / Dalila Djenic / Manon Jürgens / Kiduck Kwon / Hubert Schmid / Richard Franke / Younjin Ko / Agostino Subacchi / Christopher Jähnig
Ensemble Modern
°Mitglied des Opernstudios
Weitere Vorstellungen: 25., 28., 30. Januar, 3., 5. (15.30 Uhr), 8., 10. Februar 2023
Falls nicht anders angegeben, beginnen diese Vorstellungen um 19 Uhr