Bram Stokers »Dracula« ist eine ungewöhnliche Mischung aus Trivial- und Weltroman, eine Neuinterpretation des in der Romantik beliebten Vampirmythos. Der Roman ist montiert aus Briefen, Telegrammen, Zeitungsartikeln und vor allem Tagebucheinträgen der handelnden Figuren: Jonathan Harker, ein junger Rechtsanwalt sucht Graf Dracula auf seiner Burg in Rumänien auf und wird dort gefangen gehalten. Seine Verlobte Minna gerät wie ihre Freundin Lucy in den Bann des Vampirs, vermag sich aber gegen seinen Einfluss zu wehren. Gemeinsam mit einigen entschlossenen, männlichen Freunden begeben sie sich auf die Mission, den Vampir unschädlich zu machen. Sie verfolgen ihn durch England und auf seiner Flucht zurück in die Heimat. Angeführt werden sie von dem Wissenschaftler Van Helsing, der die Mittel kennt, um den Mythos zu bannen – nicht durch Vernunft, sondern durch die mimetische Annäherung an das Mythische selbst.
Was kann uns Dracula, das Wesen, welches die Zeiten überdauert, über Zeugenschaft menschlicher Grausamkeit erzählen? Seit Menschengedenken wird Täterschaft verschleiert, werden die Mitwissenden ausgeschaltet, heilt die Zeit alle Wunden. Doch die Welt hat ihr eigenes, unermessliches Gedächtnis – und vielleicht ist dieses dunkle Wesen so etwas wie die verwesentlichte Schuld unseres Menschengeschlechts, das sich nährt von der Unfähigkeit der Menschen, sich für ein friedvolles Miteinander zu entscheiden.
Regie Johanna Wehner
Bühne Benjamin Schönecker
Kostüme Ellen Hofmann
Musik Vera Mohrs, Kostia Rapoport
Dramaturgie Katja Herlemann
Licht Ellen Jaeger
mit Christoph Bornmüller, Caroline Dietrich, Heidi Ecks, Judith Florence Ehrhardt, Stefan Graf, Arash Nayebbandi, Matthias Redlhammer
Die nächsten Vorstellungen 30. Oktober, 3./17./22./23./26./29.
November