Er findet Arbeit, Bett und Verständnis bei den beiden. Otto, der bei seiner Frau sexuell nicht findet, was er braucht, erregt sich am Anderssein des Schwagers, will ihn zur Wiederholungstat provozieren. Fritz widersteht auch Mitzi, einer vereinsamten Mitarbeiterin, die ihn bedrängt. Abgewiesen und sexuell bedürftig finden Mitzi und Otto zueinander, «lassen die Sau raus» und machen das, was sie Fritz als Perversion unterstellen. Ehefrau Hilde ist eifersüchtig und entwickelt andere Gelüste: Mordgelüste.
Ist es die Lust am Verbotenen, die Neugier aufs Anderssein, oder sind es schlicht Vorurteile, die einerseits faszinieren und andererseits Abwehr hervorrufen? Hassen und lieben, Opfer wie Täter*in sein, ist dieser allgemeine Drang die (un-)heilige Ambivalenz der Gerechten?
Franz Xaver Kroetz' Stücke sind immer beides: Skandal und normal. Sie erzählen vom Volk und seinen Abgründen, also eigentlich dem ganz normalen Leben. So auch im Volksstück «Der Drang», das in der Urfassung «Lieber Fritz» bereits 1975 als «Sexualkomödie» für Furore sorgte.
ZUM AUTOR FRANZ XAVER KROETZ
Geboren 1946 in München. Nach dem Schulabbruch besucht er zwei Jahre eine private Schauspielschule in München, später dann für ein Jahr das Max-Reinhardt-Seminar in Wien, beides beendet er vorzeitig. Nach der Schauspielprüfung der Bühnengenossenschaft erstes Engagement am Büchner-Theater München. Kontakt mit Rainer Werner Fassbinders «antiteater». Zeitgleich hält er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Er führt Regie am Tegernseer Bauerntheater und schreibt eine Vielzahl von Stücken, die er verbrennt. Zwischen 1968 und 1969 entstehen seine ersten heute noch erhaltenen Stücke, u. a. «Wildwechsel» (UA 1971, Städt. Bühnen Dortmund) und «Heimarbeit» (UA 1971, Münchner Kammerspiele). Aufgrund eines einjährigen Dramatikerstipendiums des Suhrkamp-Verlags kann Kroetz sich ganz dem Schreiben widmen und schafft den Durchbruch. 1971 entstehen die Werke «Stallerhof» (UA 1972, Deutsches Schauspielhaus Hamburg), «Wunschkonzert» (UA 1973, Württembergisches Staatstheater Stuttgart), «Geisterbahn» (UA 1975, Ateliertheater am Naschmarkt, Wien) und «Lieber Fritz» (UA 1975, Staatstheater Darmstadt).
Kroetz wird zum meistgespielten deutschsprachigen Gegenwartsdramatiker und inszeniert seine Stücke auch zum Teil selbst. 1972 tritt er in die Deutsche Kommunistische Partei DKP ein. Im selben Jahr verfilmt Rainer Werner Fassbinder «Wildwechsel», weitere Fernsehverfilmungen seiner Stücke folgen. Bis 1976 schreibt er mindestens zwanzig Stücke, so auch «Oberösterreich» (UA 1972, Städt. Bühnen Heidelberg) und «Maria Magdalena» (UA 1973, Städt. Bühnen Heidelberg). Sie werden zahlreich ausgezeichnet, «Das Nest» erhält 1976 den Mülheimer Dramatikerpreis. Immer wieder arbeitet er auch als Schauspieler im Theater, Film und Fernsehen. Einen großen Bekanntheitsgrad erhält er 1986 durch seine Rolle als Klatschreporter Baby Schimmerlos in der Fernsehserie «Kir Royal». 1994 wird «Der Drang» an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt. Kroetz’ letzte Arbeiten am Residenztheater München waren die Bearbeitung von Ludwig Anzengrubers «Der Gwissenswurm» (2007) und «Du hast gewackelt. Requiem für ein liebes Kind» (UA 2012, Regie: Anne Lenk).
Inszenierung Lydia Steier
Bühne und Kostüme Blake Palmer
Musik Dennis DeSantis
Video Jonas Alsleben
Licht Benjamin Schmidt
Dramaturgie Constanze Kargl
Mit: Liliane Amuat, Christoph Franken, Vincent Glander, Nicola Kirsch