Der "b31" betitelte Ballettabend an der Deutschen Oper am Rhein bietet drei Tanzstücke wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Das erste Stück "Obelisco" von Martin Schläpfer ist eine überarbeitete Fassung des bereits 2007 für das ballettmainz kreierten Stückes. Statt mit Ricky Lee Jones "Gostyhead" beginnt es jetzt mit Marla Glens "Travel". Mit edel punkartiger Frisur und Kleidung, in extrem hohen, klobigen Plateaustiefeletten stürmen drei Paare auf die Bühne. Von diesem dynamischen Auftritt geht es gleich im zweiten Auftritt zu Schläppchen und auf die Spitze bis schließlich zu einem Pas des deux in extremen High Heels im letzten Bild. Der musikalische Bogen spannt sich in sieben Bildern in unterschiedlichen Genres von Marla Glen über Salvatore Sciarrino, Franz Schubert, Domenico Scarlatti, Wolfgang Amadeus Mozart, Giacinto Scelsi und Nina Simone bis zu Richard Heubergers "Im Chambre separée". Der jeweils andere Schuh, der andere Ton erfordert einen anderen Auftritt, fordert andere Beziehung heraus und macht sich dann vielleicht auch in einer anderen Haltung zur Welt bemerkbar.
Ein heller Vorhang, weiß und hellblau gekleidete Tänzer und Tänzerinnen - vom quirligen ersten Stück geht es zu Hans van Manens schwebend leichtem "Adagio Hammerklavier". Musikalische Grundlage ist hier das "Adagio sostenuto" aus Ludwigs van Beethovens Klaviersonate Nr. 29 B-Dur, der "Großen Sonate für das Hammerklavier", in einer Einspielung von Christoph Eschenbach aus dem Jahre 1971. Eschenbach spielt diesen Satz extrem verlangsamt. Spitzentanz erfordert dagegen eine gewisse Schnelligkeit, denn auf Spitze kann man nicht lange stehen bleiben. Daraus ergibt sich ein Aufbau der Spannung. Drei Tänzerpaare versuchen Balance und Reduktion der Bewegungen in Einklang zu bringen. Das Bemühen, ein körperliches Gleichgewicht zu erreichen, ist Ausdruck für die Suche nach einem Ausgleich der Beziehungen zwischen Mann und Frau.
"Sh-Boom!" von Sol León & Paul Lightfoot ist vordergründig ein heiteres, am Handlungsballett orientiertes Stück. Es führt in die Welt des Unterhaltungstheaters, eine Reminiszenz an die Zeit des Vaudeville der 1920er bis 1950er Jahre. Acht Nummern Pantomime, Showeffekte, Komik, alles um den Zuschauer fröhlich zu stimmen, ihn den Alltag vergessen zu machen. Was leicht daher kommt ist harte Arbeit und hinter der Fassade der plakativen Komik verbergen sich individuelle Persönlichkeiten mit ihrer menschlichen Verletzlichkeit.
Ein Abend der Gegensätze, der beim Publikum gut ankam und mit euphorischen Beifall bedacht wurde.
"Obelisco" von Martin Schläpfer
MUSIK von Marla Glen, Salvatore Sciarrino, Franz Schubert, Domenico Scarlatti, Wolfgang Amadeus Mozart, Giacinto Scelsi und Richard Heuberger
Choreographie: Martin Schläpfer
Bühne & Kostüme: Thomas Ziegler
Licht: Thomas Diek
Tänzerinnen: Marlúcia do Amaral, Camille Andriot, Alexandra Inculet, Kailey Kaba, Yuko Kato, So-Yeon Kim, Asuka Morgenstern, Claudine Schoch, Virginia Segarra Vidal, Elisabeta Stanculescu, Julie Thirault
Tänzer: Rashaen Arts, Brice Asnar, Yoav Bosidan, Philip Handschin, Rubén Cabaleiro Campo, Sonny Locsin, Bruno Narnhammer, Marcus Pei, Friedrich Pohl
"Adagio Hammerklavier" von Hans van Manen
MUSIK Adagio aus der Sonate Nr. 29 B-Dur op. 106 („Große Sonate für das Hammer-klavier“) von Ludwig van Beethoven
Choreographie: Hans van Manen
Bühne & Kostüme: Jean-Paul Vroom
Licht: Jan Hofstra
Choreographische Einstudierung: Igone de Jongh
1. Paar: Doris Becker, Vincent Hoffman
2. Paar: Sonia Dvořák, Alexandre Simões
3. Paar: So-Yeon Kim, Marcos Menha
"Sh-Boom!" von Sol León & Paul Lightfoot
MUSIK von Turner Layton und Clarence Johnstone, José Armandola und Olavi Virta, Arturo Cuartero, The Mills Brothers, Vera Lynn, James Keyes, Claude und Carl Feaster, Floyd F. McRae und James Edwards
Choreographie, Bühne & Kostüme: Sol León, Paul Lightfoot
Licht: Tom Bevoort
Choreographische Einstudierung: Valentina Scaglia, Bastien Zorzetto
Patrick: Rubén Cabaleiro Campo
Miguel: Boris Randzio
Joeri: Marcus Pei
Jorma: Sonny Locsin
Urtzi: Marcos Menha
Lucas: Alexandre Simões
Nancy: Wun Sze Chan
Sol: Marlúcia do Amaral
Shirley: Norma Magalhães
Carolina: Yuko Kato
01.04.2017 - 05.05.2017 Opernhaus Düsseldorf
13.05.2017 - 09.06.2017 Theater Duisburg