Vor 200 Jahren erfand Mary Shelley am Genfersee die Geschichte von Dr. Frankenstein und seinem namenlosen Geschöpf – und begründete damit das Genre des Science Fiction. Inspiriert durch einen Blitzschlag setzte sich die erst 19-jährige Autorin mit einer Zeit im wissenschaftlichen Umbruch auseinander, deren Konflikte bis in die Gegenwart strahlen: der unreflektierte Fortschrittsglaube, die Entfremdung zwischen Mensch und Kreatur und die Überwindung des Todes. Der Naturwissenschaftler Victor Frankenstein verschiebt eigenmächtig die Grenze zwischen Leben und Tod, indem er aus Leichenteilen ein neuartiges Wesen montiert und mit einem Stromstoss zum Leben erweckt. Er will ein „Licht über die finstere Welt giessen“, dem Menschen einen guten Gefährten schaffen, die Sterblichkeit überlisten.
Die Kreatur soll lernen, lesen, sogar lieben. Doch die Schöpfung misslingt und wird zur Bedrohung für ihren Schöpfer. Frankenstein kann seiner Kreatur weder entfliehen, noch sich vor ihren Ansprüchen schützen, denn das Wesen lernt tatsächlich blitzschnell. Es will geliebt werden und fordert ein weibliches Pendant. Auf die Ablehnung seiner Person und seiner Wünsch reagiert es bösartig und begeht einen ersten Mord. Frankensteins Bruder, seine Braut, sein bester Freund, sein Vater, alle kommen schliesslich durch die Gewalt des Monsters ums Leben. Viel zu spät geht Victor Franken-stein auf die Jagd und verfolgt sein Geschöpf bis zum Nordpol – wo es in der eisigen Nacht verschwindet.
Shelleys Entwurf eines wissenschaftlichen Projekts, das ausser Kontrolle gerät, weist voraus in unsere Zeit: mit der enormen Geschwindigkeit der Erforschung und Erschaffung „Künstlicher Intelligenz“ vermögen ethische, moralische und ökonomische Fragestellungen heutzutage kaum mehr Schritt zu halten.
Der in Zürich durch bildstarke Arbeiten wie „Woyzeck“, „Ein Volksfeind“ und „Am Königsweg“ bekannte Regisseur Stefan Pucher nähert sich dem Stoff vor dem Hintergrund unserer heutigen wissenschaftlichen Schöpfungen.
Stefan Pucher, 1965 in Giessen geboren, studierte Theaterwissenschaft und Amerikanistik in Frankfurt. Er erarbeitete verschiedene Performance-Projekte, so am TAT in Frankfurt am Main und mit der britisch-deutschen Gruppe „Gob Squad“. Pucher inszenierte u.a. am Theater Basel, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, an der Volksbühne Berlin, den Münchner Kammerspie-len und am Schauspielhaus Zürich, wo er von 2000 bis 2004 Hausregisseur war. Seine in dieser Ära entstandenen Inszenierungen von Tschechows „Drei Schwestern“, Shakespeares „Richard III.“ und Max Frischs „Homo Faber“ wur-den zum Berliner Theatertreffen eingeladen, ebenso seine Inszenierung von William Shakespeares „Der Sturm“ an den Münchner Kammerspielen (2008) und seine Zürcher Arbeiten „Tod eines Handlungsreisenden“ (Spielzeit 2010/11) und „Ein Volksfeind“ (2015/16). Letztere wurde 2016 zudem zum 3. Schweizer Theatertreffen in Genf eingeladen. Neben dem „Volksfeind“ inszenierte Ste-fan Pucher am Schauspielhaus Zürich Georg Büchners „Woyzeck“, Sartres „Die schmutzigen Hände“, „Antigone“ nach Sophokles in einer Bearbeitung von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel, und zuletzt Elfriede Jelineks „Am Königsweg“
Regie Stefan Pucher
Bühne Barbara Ehnes
Kostüme Annabelle Witt
Video Chris Kondek
Mitarbeit Video Ruth Stofer
Gamedesign Victor Morales
Musik Christopher Uhe
Dramaturgie Andreas Karlaganis
Licht Frank Bittermann
Mit:
Viktor Frankenstein Edmund Telgenkämper
Geschöpf Robert Hunger-Bühler
Totoschka, Fritz Fenne
Viktors Gehilfe
Prof. Anna Waldmann Inga Busch
Elisabeth Lavenza Lena Schwarz
Robert Walton Julia Kreusch
Weitere Vorstellungen im Pfauen:
14./23./26./29./30. Januar, 20:00 Uhr 7./8./11./15. Februar, 20:00 Uhr 17./24. Februar, 19:00 Uhr
Weitere Vorstellungen in Planung.
Parallelveranstaltungen zu Frankenstein in Zürich:
„Frankenstein – Von Mary Shelley zum Silicon Valley“, Ausstellung, Strauhof bis 13. Januar
Lehrstuhl „Frankenstein“ im Kosmos (Zürcher Philosophie Festival) am 19. Januar
„Fluchtpunkt Schweiz“ mit Elisabeth Bronfen im Schauspielhaus Zü-rich am 27. Januar
Das Filmpodium begleitet das Thema mit einer Filmreihe vom 1. Janu-ar bis 15. Februar.