Im spannungsvollen Wechsel von intimem Kammerspiel und repräsentativer Staatsaktion entfaltet Raff die Geschichte vom Freiheitskampf der Israeliten und der Liebe ihres Anführers Samson zu der Philisterin Delilah. Mit einer berührenden Wahrhaftigkeit und Tiefe fächert seine in vielen Strukturen an Wagner erinnernde Komposition dabei das Seelen-, Gedanken- und Gefühlsleben der Figuren auf, die sich zwischen der Treue zu ihrem Volk und der Liebe zu einem teuren Menschen entscheiden müssen.
Joachim Raff kam 1849 nach Weimar, um hier dem damaligen Hofkapellmeister Franz Liszt zu assistieren und seinem großen Traum näher zu kommen: als Komponist von seiner Musik zu leben. Nebenbei schrieb Raff an seiner Dissertation über den biblischen Samson und schuf eine Oper über den gleichen Stoff. Doch der Traum der Uraufführung des Samson ging für Raff weder in Weimar noch in Darmstadt oder Wiesbaden in Erfüllung, wo er sein Glück ebenfalls versuchte. Die Musik Joachim Raffs erinnert in Teilen an den frühen Wagner, ist jedoch kühner in der Harmonik und geht in ihrer Durchlässigkeit einen klassizistischeren Weg. Obwohl er zu Lebzeiten ein gefragter Komponist war, führte die Verweigerung, sich ästhetisch den beiden vorherrschenden Strömungen der Wagnerianer und Brahaminen anzuschließen, in die Vergessenheit seiner Kompositionen.
Joachim Raff hat die Legende um den israelitischen Freiheitskämpfer Samson von jeglichem religiösen Gestus befreit und die Handlungen der Protagonist*innen als eigenverantwortliche motiviert. Samson beispielsweise, dessen ganze göttliche Stärke der biblischen Erzählung nach in seinen langen Haaren steckt und der diese durch den Verrat Delilas verliert, entscheidet sich in der Oper für die Assimilation an die Besatzer durch einen Haarschnitt und verliert dadurch das Vertrauen seiner Landsleute.
Der spanische Regisseur Calixto Bieito erzählt die Geschichte von Loyalität und Verrat als eine zeitlose Geschichte eines Selbstmordattentäters, der für seine Überzeugung eine ganze Gesellschaft mit in den Tod nimmt. Der Glauben tritt hier nur noch als beengter Bühnenraum in Erscheinung, auf dem die Tragödie ihren Lauf nimmt. Die Mechanismen, die einen Menschen zu einer derart extremen Tat treiben, werden so in Frage gestellt und das Agieren der Gesellschaft im Verhältnis zu solch einer »Einzeltat« beleuchtet.
Dominik Beykirch (Musikalische Leitung)
Calixto Bieito (Regie)
Ingo Krügler (Kostüme)
Philip Rubner / Calixto Bieito (Bühne)
Judith Drühe (Dramaturgie)
Jens Petereit (Choreinstudierung)
Peter Sonn (Samson)
Uwe Schenker-Primus (Abimelech)
Taejun Sun (Micha)
Avtandil Kaspeli (Oberpriester des Dagon)
Emma Moore (Delilah)
Sayaka Shigeshima / Heain Youn (Oberpriesterin der Astarte)
Oleksandr Pushniak (Seran von Ascalon)
Jörn Eichler (Gefangenenwärter)
Franziska Löber / Silvia Schneider (Frau aus dem Volke)
Mit dem Opernchor des DNT und dem Extrachor aus Studierenden der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar. Es spielt die Staatskapelle Weimar.
Weitere Vorstellungen: 15.9., 30.9., 8.10., 21.10., 29.10., 18.11., 1. & 25.12.2022 sowie in Planung
Unterstützt durch Acción Cultural Española (AC/E) im Programm zur Internationalisierung der spanischen Kultur (PICE).
Die Einführung zur Oper startet am Premierentermin bereits um 17 Uhr.
Am 30.09. findet im Anschluss an die Vorstellung ein Nach(t)gespräch im Großen Haus statt. Hierbei wollen wir gemeinsam mit den Ensemblemitgliedern und Beteiligten der Inszenierung mit Ihnen ins Gespräch kommen und uns über die Oper austauschen.