Martina träumt unterdessen davon, die Stadt endlich hinter sich lassen zu können, um auf dem Land als Öko-Selbstversorgerin zu leben. Doch mit dem Job im Tabakladen wird sie das Geld dafür wohl nicht zusammen bekommen. Und dann ist da noch diese zweite Martina in ihrem Kopf, die nicht mehr warten will, sondern nehmen – nehmen, was ihr doch genauso zusteht wie den anderen auch! Freja schließlich würde sprichwörtlich über Leichen gehen, nur um wenigstens ihren alten Job zurückzubekommen.
Mal düster-zynisch, mal humorvoll, aber stets berührend und mit beinahe liebevoll anmutendem Verständnis für seine Figuren fragt Jonas Hassen Khemiri nach der Möglichkeit von Freiheit in der „freien“ Marktwirtschaft, reist dem Kapitalismus den Schleier der „Jeder kann es schaffen“-Rhetorik vom angeblich menschlichen Antlitz und verrät uns ganz nebenbei die Formel für die Berechnung des Unterhaltungswertes eines Theaterabends. Regie führt Magz Barrawasser, deren „Pussy Riots“-Abend in der Spielzeit 2016/2017 für reichlich Furore sorgte und zum Heidelberger Stückemarkt 2018 eingeladen wurde.
Jonas Hassen Khemiri zählt zu den bekanntesten und erfolgreichsten Schriftstellern Schwedens. Nachdem in der Spielzeit 2014/2015 mit „Ich rufe meine Brüder“ bereits ein Stück des 39-Jährigen am Schauspiel Essen gezeigt wurde, steht in dieser Saison ein weiterer Titel von ihm auf dem Programm: In „≈ [ungefähr gleich]“ beschreibt der in Stockholm geborene Sohn eines tunesischen Vaters und einer schwedischen Mutter die Zumutungen in der zur Markthalle gewordenen Welt. Kunstvoll verzahnt Khemiri die Schicksale von fünf Menschen, die den Anschluss an die ökonomische Entwicklung längst verloren haben und sich im Spannungsfeld zwischen Unterordnung und Rebellion dazu verhalten müssen.
Deutsch von Jana Hallberg
Es spielen: Alexey Ekimov, Henriette Hölzel, Melanie Lüninghöner, Stefan Migge, Philipp Noack, Sven Seeburg.
Inszenierung: Magz Barrawasser
Bühne: Friederike Külpmann,
Kostüme: Rabea Stadthaus,
Dramaturgie: Carola Hannusch.