Die erschütternden Erkenntnisse lassen insbesondere die katholische Kirche aufhorchen: Wo ruht das Auge Gottes auf einer Erde, die nicht mehr das Zentrum der Welt bildet, sondern ein Gestirn wie unzählige andere ist? Wie soll ein geknechtetes Volk unter diesen Umständen einen Sinn im irdischen Dasein erkennen? Welche Rolle spielt da noch die Heilige Schrift?
Galilei schlägt alle Warnungen in den Wind; zu stark ist sein Wille zur Wahrheit. Er versucht, die höchsten Kirchenvertreter im Vatikan von seiner Forschung zu überzeugen. Seine Werke kommen jedoch auf den Index, und der Astronom verfällt in jahrelanges Schweigen. Als ein der Wissenschaft zugewandter neuer Papst berufen wird, schöpft Galilei Hoffnung. Aber diesmal zeigt ihm die Inquisition ihre Instrumente – 23 Tage später widerruft er seine Lehre.
„Unglücklich das Land, das keine Helden hat“, werfen ihm seine enttäuschten Schüler vor. „Unglücklich das Land, das Helden nötig hat“, lautet die Antwort des zwischen Forschungsdrang, eigenen Machtbestrebungen und Kircheninteressen aufgeriebenen Wissenschaftlers. Steht bei Bertolt Brecht der Kampf Galileis um den Sieg der Vernunft zu Beginn noch in deutlichem Bezug zum nationalsozialisti-schen Deutschland, gewinnt die Frage nach dem gleichermaßen revolutionären wie gefährlichen Potenzial der Wissenschaft in weiteren Fassungen an Bedeutung. Nach wie vor bietet Brechts Schauspiel einen spannenden Diskurs über Wahrheitssuche und Zweifel, Meinungsfreiheit und totalitäre Strukturen, Opportunismus, Forschung und vor allem (Fortschritts-)Glauben und stellt nicht zuletzt zur Diskussion, ob jemand wie Galileo Galilei ein Held oder ein Verräter ist.
Regie führt Konstanze Lauterbach. Von 2001 bis 2004 war sie Hausregisseurin am Deutschen Theater in Berlin. Als freie Regisseurin für Oper und Schauspiel hat sie u. a. an der Volksbühne Berlin, am Düsseldorfer Schauspielhaus, am Hessischen Staatstheater Wiesbaden, am Staatstheater Braunschweig und an der Semperoper in Dresden gearbeitet. 1997 wurde ihr der Preis des deutschen Kritikerverbandes verliehen, 2002 erhielt sie den Caroline-Neuber-Preis der Stadt Leipzig. Am Schauspiel Essen waren bereits ihre Inszenierungen von „Graf Öderland“ (2011/2012) sowie „Medea“ (2013/2014) zu sehen.
Mit: Thomas Büchel, Stefan Diekmann, Alexey Ekimov, Axel Holst, Ines Krug, Stefan Migge, Philipp Noack, Jan Pröhl, Stephanie Schonfeld, Sven Seeburg, Rezo Tschchikwischwili, Jens Winterstein.
Musikalische Leitung: Achim Gieseler;
Bühne: Ann Heine;
Kostüme: Claudia Charlotte Burchard;
Dramaturgie: Jana Zipse.