Vom 27. Juni bis 06. Juli werden bei der Impulse Theater Biennale 2013 des NRW KULTURsekretariats
wieder die Städte Bochum, Düsseldorf, Köln und Mülheim an der Ruhr für zehn Tage zu Zentren des Gegenwartstheaters. Die Impulse Theater Biennale zeigt bemerkenswerte künstlerische Arbeiten der freien Theaterszene, die jenseits der Stadttheaterstrukturen im deutschsprachigen Raum entstanden sind.
Die Ausgabe 2013 wurde erstmals von Florian Malzacher, dem neuen künstlerischen Leiter, gemeinsam mit der Dramaturgin Stefanie Wenner kuratiert und neu konzipiert. Zum ersten Mal in der Geschichte der Impulse entstand die Auswahl mit einem thematischen Fokus: Unter dem Titel „Under the Influence“ untersucht das Festival die Bedeutung nationaler Zuschreibungen und Identitäten. Aus
diesem Grund nimmt die 17. Ausgabe des Festivals seine geographische Einschränkung ernster als in
den vergangenen Jahren und zeigt ausschließlich Arbeiten von Künstlern, die im deutschsprachigen
Raum ihren Lebensmittelpunkt haben.
Insgesamt präsentiert Impulse in diesem Jahr 14 herausragende Produktionen von Künstlerinnen und Künstlern in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Open Call: Gastspiele, Premieren, Koproduktionen
Um die vielfältige Szene in den Blick zu bekommen, hat Impulse erstmals einen Open Call initiiert.
Diese offene Ausschreibung ermöglicht einen direkten, eigenen Überblick über das, was im Bereich des freien Theaters auch jenseits der üblichen Wege geschieht. Darüber hinaus bietet sie dem Festival auch zukünftig die Möglichkeit, sich direkt an der Entstehung neuer Arbeiten zu beteiligen. Für den ersten Call wurden gemeinsam mit dem interdisziplinären Beirat über 300 Einsendungen gesichtet. Das Resultat: Fünf von insgesamt vierzehn Produktionen haben hier ihren Ursprung, zwei als koproduzierte Premiere („Something for the Fans“ von Damian Rebgetz und „Revolution Vakuum“ von Tamer Yiğit/Branka Prlić), eine koproduzierte adaptierte Fassung (Bernadette La Hengsts „Bedingungsloses Grundeinsingen“ mit Bochumer Bürgern) und zwei weitere als Gastspiel („Der (kommende) Aufstand nach Friedrich Schiller“ von andcompany&Co. und „Schützen“ von Cecilie Ullerup Schmidt/Matthias Meppelink). Dazu kommt die Auftragsarbeit „Zwei Minuten Stillstand“ von Yael Bartana sowie die neu erarbeitete Impulse-Version von Gesine Danckwarts „Chez Icke“.
Mit dieser neuen Arbeitsweise trägt Impulse den Veränderungen der freien Szene in den letzten Jahren Rechnung – auch als ein Signal, in kulturpolitisch schwierigen Zeiten künstlerisches Arbeiten zu unterstützen.
Vielzahl künstlerischer Handschriften
Wie weit sich zeitgenössisches Theater selbst definiert, zeigen die Arbeiten des diesjährigen Festivals: Während deufert&plischke mit ihrem „Entropischen Institut Mülheim“ und „Alles“ von Showcase Beat Le Mot die üblichen zeitlichen Grenzen und begrenzten Narrationen von Theaterabenden sprengen, dauert Yael Bartanas „Zwei Minuten Stillstand“ tatsächlich nur zwei Minuten.
Mit sehr verschiedenen künstlerischen Mitteln vergegenwärtigen Hofmann&Lindholm mit ihrem
Schattenrisstheater „Nebenschauplätze Nr. 1: Das 20. Jahrhundert“ und andcompany&Co. mit ihrer
wild gewordenen Assoziationsschlacht die Geschichte, die uns geprägt hat. Das österreichische Theater im Bahnhof sucht mit „Graz Alexanderplatz“ kulturelle Einflüsse in individuellen Biografien – wohingegen Bernadette La Hengst („Bedingungsloses Grundeinsingen“) und das Schweizer Theater HORA mit „Disabled Theater“, in der Regie von Jérôme Bel, unterschiedliche Facetten von Gesellschaft und Politik der Gegenwart in den Mittelpunkt stellen.
In auffällig vielen Produktionen des Festivals ist Musik ein zentraler Bestandteil. Bei Christian Garcia
(„Teenage Lobotomy“) wird sie zum Protagonisten und reflektiert die Rolle, die sie für unsere popkulturelle Identität spielt. Und auch in Gesine Danckwarts Thekeninszenierung „Chez Icke“ drängt
sie sich, wenn die Kantine zur Bühne wird, in den Mittelpunkt. Die Arbeit steht außerdem für den weit
gefassten Theaterbegriff von Impulse und für die sehr unterschiedlichen künstlerischen Handschriften im Festival: „Chez Icke“ ist als bemerkenswerte Inszenierung eingeladenes Gastspiel und zugleich
Festivalzentrum. Und es verbindet die Impulse-Städte, real und virtuell.
Verbunden werden die vier Städte zudem durch spielerische Bildungsreisen: Busse verbinden Rhein
und Ruhr, Kombitickets ermöglichen ein dichtes, intensives Festivalerlebnis – Vorträge u.a. von Phil
Collins, Oliver Marchart, Thomas Meinecke, Barbara Vinken, Dorothee Wenner im Bus inklusive.
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Produktionen Impulse Theater Biennale 2013
Gesine Danckwart
Chez Icke
Yael Bartana
Zwei Minuten Stillstand
Die Künstlerin Yael Bartana ruft alle Kölnerinnen und Kölner dazu auf, am 28. Juni 2013 um 11 Uhr ihren Alltag für zwei Minuten symbolisch zu unterbrechen. Inspiriert vom israelischen Gedenktag Jom haSho’a, dem Feiertag zum Gedenken der Opfer und Widerstandskämpfer des Holocaust, ist „Zwei Minuten Stillstand – Halt an und denke!“ ein politischer Akt, eine soziale Skulptur und kollektive Performance im öffentlichen Raum der Stadt. Die Stadt Köln ist aktiv in das Projekt einbezogen. Der Oberbürgermeister der Stadt Köln freut sich, die von Yael Bartana initiierte Aktion ideell zu unterstützen.
„Zwei Minuten Stillstand“ fordert uns dazu auf, die Gegenwart zu reflektieren. Anzuhalten, über die Geschichte nachzudenken und über unsere Zukunft. Darüber, was es heute bedeutet, deutsch zu sein, als Immigrant in Deutschland zu leben, welche Konsequenzen der Holocaust ebenso wie seine Instrumentalisierung heute haben.
Denn Drittes Reich und Holocaust sind nicht nur historische Ereignisse – sie haben weitreichende Wirkungen in unsere Gegenwart hinein: die Gründung des Staates Israel, die Besetzung der palästinensischen Gebiete, Flucht, Vertreibung in Europa und im Nahen Osten. Selbst die finanziellen Ungleichheiten in der EU sind vielfach noch immer Folgen des Zweiten Weltkriegs, so wie es Deutschlands Wohlstand ist.
So ist „Zwei Minuten Stillstand“ ist nicht nur Gedenken, sondern eine Aufforderung, die Gegenwart zu verändern. Ein Angebot für eine breite Debatte in Köln und darüber hinaus, wie aktives Erinnern heute aussehen sollte. Ein Tag des Aufbegehrens gegen Gewalt und Ungerechtigkeit heute.
Das Ziel des Projektes der international renommierten, in Berlin lebenden Künstlerin Yael Bartana (documenta 12, 7. Berlin Biennale, Sao Paolo Biennale 2006 & 2010, Biennale di Venezia 2011 u.v.a.) ist es, im Gespräch den Menschen der Region, mit Politik und Institutionen, Industrie und Gewerbe, einen Gedenktag in Köln zu etablieren, der perspektivisch in ganz Deutschland gefeiert werden sollte.
www.zweiminutenstillstand.de
andcompany&Co.
Der (kommende) Aufstand nach Friedrich Schiller
Cecilie Ullerup Schmidt / Matthias Meppelink
Schützen
Christian Garcia
Teenage Lobotomy
Theater HORA / Jérôme Bel
Disabled Theater
deufert&plischke
Entropisches Institut Mülheim
Showcase Beat Le Mot
Alles
Hofmann&Lindholm
Nebenschauplätze Nr. 1: Das 20. Jahrhundert
Theater im Bahnhof
Graz Alexanderplatz
Tamer Yiğit / Branka Prlić
Revolution Vakuum
Bernadette La Hengst
Bedingungsloses Grundeinsingen
Damian Rebgetz
Something for the Fans
She She Pop
Schubladen
Material und Archiv
Die Impulse Theater Biennale versteht sich als Plattform, um ästhetische Mittel zu diskutieren,
künstlerische Inhalte zu hinterfragen und über die Strukturen nachzudenken, in denen gearbeitet wird.
Aus diesem Grund entsteht unter www.festivalimpulse.de eine Publikation in progress, die grundlegende Essays in Auftrag gibt und vorhandene Schlüsseltexte sammelt, die sich mit der Definition und Abgrenzung des freien Theaters auseinandersetzen. Diese Materialsammlung wird
künftig auch zwischen den Festivals erweitert.
In seiner Funktion als Lobbyist gibt Impulse außerdem den Anstoß für ein Videoarchiv des freien
Theaters: Der Grundstock besteht aus einer Sammlung aller bisher bei Impulse gezeigten Arbeiten,
doch das Archiv soll sich mit Hilfe diverser Partner rasch erweitern und die Sichtbarkeit auch älterer
Arbeiten ermöglichen.
Die Impulse Theater Biennale 2013 wird veranstaltet vom NRW KULTURsekretariat in Verbindung mit den Städten Bochum, Düsseldorf, Köln und Mülheim an der Ruhr. Die Festivalausgabe 2013 wird gefördert durch die Kunststiftung NRW, die Sparkasse KölnBonn, das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW, die Akademie der Künste der Welt, Köln und das Goethe-Institut. Veranstaltungspartner sind das prinz regent theater in Bochum, das Schauspielhaus Bochum,
Rottstr 5 Theater, Bochum, das FFT Düsseldorf, die studiobühneköln sowie der Ringlokschuppen Mülheim an der Ruhr. Spielstätten sind darüber hinaus das Düsseldorfer Schauspielhaus und der Salon des Amateurs in Düsseldorf sowie die Bühne der Kulturen und das Freie Werkstatt Theater in Köln u. a.
Infos unter www.festivalimpulse.de