Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
EFFEKTVOLLE ÜBERRASCHUNGEN -- 6. Kammerkonzert des Staatsorchesters Stuttgart "Vom Duo zum Septett "im Mozartsaal der Liederhalle STUTTGART EFFEKTVOLLE ÜBERRASCHUNGEN -- 6. Kammerkonzert des Staatsorchesters... EFFEKTVOLLE...

EFFEKTVOLLE ÜBERRASCHUNGEN -- 6. Kammerkonzert des Staatsorchesters Stuttgart "Vom Duo zum Septett "im Mozartsaal der Liederhalle STUTTGART

am 5.3.2025

Die im Jahre 1886 in London geborene Bratschistin Rebecca Clarke ist eine der bedeutendsten Komponistinnen Englands. Im Mozartsaal wurde nun ihre an Szymanowski erinnernde Sonate für Viola und Klavier vorgestellt, die 1919 bei einem Wettbewerb einen Preis erhielt. Alexander Akimov (Viola) und Julia Brusentsova (Klavier) arbeiteten die expressive Klangsprache dieses Werkes minuzös heraus. Man dachte bei der Wiedergabe auch an Ravel und den Impressionismus. Dynamische Kontraste und hymnische Aufschwünge wechselten sich ansprechend ab. Leidenschaftliche Virtuosität herrschte immer wieder in beglückender Weise vor. Pizzicato- und Tremolo-Passagen schärften die akustischen Eindrücke.

 

1971 wurde ebenfalls in London Thomas Ades geboren, der als Komponist von Sir Simon Rattle gefördert wurde. "Catch" für Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier op. 4 von Ades ist ein frühes Werk aus dem Jahre 1991. Frank Bunselmeyer (Klarinette), Muriel Bardon (Violine), Doris Erdmann (Violoncello) und Yujin Bae (Klavier) belebten die verschiedenen Klangebenen mit eindringlichen Farbspielen. Die Klarinette war zu Beginn ein Außenseiter, der den Lockvogel spielte und einfach über die Bühne huschte oder im Saal auftauchte. Die anderen Instrumente bildeten eine Einheit, doch die Klarinette ergriff auch immer wieder die Initiative. Sie verschwand dann plötzlich und hinterließ das Klavier und Cello zuweilen sogar ratlos. Die intensive Melodie der Klarinette verdrängte sogar das Klavier. Und die langsamen Passagen wurden immer schneller. Glissando-Sequenzen verstärkten hier die Intensität des Spiels.

Zuletzt folgte eine mitreissende Wiedergabe des berühmten Septetts in Es-Dur für Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass, Klarinette, Horn und Fagott op. 20 aus dem Jahre 1799 von Ludwig van Beethoven. Muriel Bardon (Violine), Almut Lucia Beyer (Viola), Doris Erdmann (Violoncello), Lars Jakob (Kontrabass), Frank Bunselmeyer (Klarinette), Susanne Wichmann (Horn) und Christina Becker (Fagott)  arbeiteten die sinfonischen Momente ausgezeichnet heraus. Die Nähe zu Schuberts "Oktett" fiel dabei besonders positiv auf. Die Form der klassischen Sonate blitzte in reizvoller Weise hervor. Der Zauber der Wiener Klassik blühte auf. Die unterhaltende Melodik des ersten Sonatensatzes fesselte die Zuhörer sofort. Sein Hauptthema eröffnete den reichen Reigen melodischer Einfälle geradezu überwältigend. Durchführung und Coda verarbeiteten  in souveräner Weise das motivisch-thematische Material. Ein Höhepunkt war dann das wunderbar innig musizierte Adagio mit seinen vielen Farbschattierungen, die eindrucksvoll aufleuchteten. Die Klarinette eröffnete diesen Reigen in bewegender Weise. Fagott und Horn bereicherten den harmonischen Ausdruck berührend. Der Haupteinfall des Menuetts erinnerte in einfacher Punktierung an den zweiten Satz von Beethovens Klaviersonate op. 49/2. Im Andante überraschte eine triumphal gestaltete Coda. Und mit einer geheimnisvoll  absteigenden Dreiklangsfanfare leitete das Horn den erfrischend gespielten Scherzo-Satz ein.

Beethoven meinte selbst über sein Werk: "Mein Septett schickt ein wenig geschwinder in die Welt - weil der Pöbel drauf harrt." Das Sphärenhaft-Leichtgewichtige dieses Septetts betonten die Musiker hervorragend, das steigerte den Unterhaltungswert. So sprach dieses Kammerkonzert unter dem Motto "Vom Duo zum Septett" das Publikum direkt an. Begeisterter Schlussapplaus.
 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 15 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

BEWEGENDE NATURSCHILDERUNGEN -- Stuttgarter Philharmoniker mit der "Alpensinfonie" von Richard Strauss in der Liederhalle STUTTGART

"Erhabene Landschaften" standen diesmal im Mittelpunkt. Zunächst musizierten die Stuttgarter Philharmoniker unter der kompetenten Leitung von Frank Beermann die "Grand Canyon Suite" aus dem Jahre 1931…

Von: ALEXANDER WALTHER

DRAMATISCHE AUSDRUCKSKRAFT -- Neue CD "Letzte Lieder" mit Sebastian Naglatzki und Ana Miceva, beim Label Genuin erschienen

Mit ihrem Album "Letzte Lieder" widmen sich die Pianistin Ana Miceva und der Bassbariton Sebastian Naglatzki den letzten Liedkompositionen von Franz Schubert, Johannes Brahms, Hugo Wolf und Maurice…

Von: ALEXANDER WALTHER

DER TEUFELSGEIGER ALS GITARRIST -- Ensemble Visconti Plus im Schloss BIETIGHEIM-BISSINGEN

Das Visconti-Quartett wurde 2006 aus Mitgliedern der "sueddeutschen kammersinfonie bietigheim" und Lehrern der Bietigheim-Bissinger Musikschule gegründet. Der Name dieses Ensembles geht auf die aus…

Von: ALEXANDER WALTHER

BLICK IN DEN DIGITALEN ABGRUND -- Premiere "KI essen Seele auf" von Thomas Köck im Kammertheater STUTTGART

In Regie, Konzept Bühne & Kostüm von Mateja Meded taucht der Zuschauer in die bizarre Welt der Künstlichen Intelligenz immer tiefer ein, weil es die drei hervorragenden Schauspielerinnen Therese Dörr,…

Von: ALEXANDER WALTHER

MEISTER INTENSIVER KLANGFLÄCHEN -- Konzert des SWR Symphonieorchesters zum 90. Geburtstag von Helmut Lachenmann in der Liederhalle STUTTGART

Unter der inspirierenden Leitung von Francois-Xavier Roth musizierte das SWR Symphonieorchester zwei wichtige Werke zum 90. Geburtstag von Helmut Lachenmann, der beim Konzert anwesend war. Zunächst…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑