Der Klarinettist Lewin Kneisel interpretierte dann das Konzert für Klarinette und Orchester in A-Dur KV 622 von Wolfgang Amadeus Mozart. Die Reife dieses letzten Mozart-Konzerts kam bei der subtilen Wiedergabe mit dem Staatsorchester Stuttgart unter der Leitung von Gabor Kali voll zum Vorschein. Deutlich wurde, wie sehr dieses Werk aus dem Klangcharakter der Klarinette heraus empfunden ist. Die virtuosen und schlicht-melodischen Episoden kamen jedenfalls nicht zu kurz. Da kostete sogleich das Allegro die Wärme aus, die seinem Kopfthema die Sinnlichkeit gab. Auch das zweite Thema in schattigem C-Dur erstrahlte in einfühlsamen Kantilenen und wirkte schwelgerisch. Kunst und Empfindung blieben bei der Durchführung im Gleichgewicht. Im harmonischen Wechselspiel mit dem Orchester kam der Solist stets zu seinem Recht, es blieb aber nicht bei einer effektvollen Parade der Virtuosität. Eine wunderbar entrückte Melodie beschwor Lewin Kneisel beim Adagio, wo Leidenschaft aufglühte. Die Geheimnisse der Seele wurden dabei in eindrucksvoller Weise beleuchtet. Und der Glanz gelassener Heiterkeit lag über dem abschließenden Allegro-Rondo, wobei sich elegische Schatten der Klarinettenmelodie zusammenzogen. Die Kapriolen des Solisten wurden mit Begleitung des Orchesters wirbelnd ausgekostet.
Einen wirkungsvollen Abstecher in die Filmmusik gab es zuletzt bei der Sinfonie in Fis op. 40 aus dem Jahre 1952 von Erich Wolfgang Korngold, wo der Komponist einige Themen aus seinen Filmpartituren verwendete. Neben emotionaler Dichte faszinierten dabei die bis zur Atonalität erweiterten Klänge. Und mit Staccato-Akkorden eröffnete Korngold das erste Thema, das vom Staatorchester Stuttgart uner Gabor Kali robust musiziert wurde. Nach seiner Übersiedlung in die USA im Jahre 1938 wurde Korngold als Filmkomponist in Hollywood mit Streifen wie "The Adventures of Robin Hood" oder "The Sea Wolf" berühmt. Dies machte sich auch bei der Wiedergabe im Beethovensaal bemerkbar. Lyrische Melodielinien entfalteten sich mit überwältigender Schönheit, immer wieder unterbrochen von wuchtigen und dissonanten Bläserklängen. Mit dem Ruf der Hörner verdüsterte sich das Klangbild. Eine atemlose und tänzerische Bewegung prägte das Scherzo mit dem heroischen Trio-Teil. Sehr expressiv interpretierte das Staatsorchester Stuttgart unter Gabor Kali das Hauptthema des zu Beginn erklingenden Trauermarsches aus dem 1939 entstandenen Film "The Private Lives of Elizabeth and Essex", in dem die Liebe zwischen Königin Elizabeth I. und dem Earl of Essex im Mittelpunkt steht. Das Seitenthema mit Flöte, Harfe und Celesta aus der Filmmusik zu "Anthony Adverse" wirkte hier geradezu magisch. Manchmal ergaben sich auch Anklänge an Gustav Mahler. Die d-Moll-Passage erschien erschütternd und tragisch zugleich. Fallende Quarten mündeten dann in den letzten Allegro-Satz mit einem Marsch von Piccoloflöte, Flöte und Celesta. Das kantable Seitenthema aus dem Film "Kings Row" besaß ebenfalls überwältigende Strahlkraft. Das Werk endete in einem ekstatisch-überraschenden Fis-Dur-Klang.
Begeisterter Schlussapplaus.