Schuberts Talent für das Lied zeigte sich bei den großen Gesangsszenen, deren melodisches Eigenleben die Zuhörer immer wieder überwältigte. Die motivische Arbeit überzeugte dabei in einem klangfarbenreich musizierten harmonischen Gewand. Die beiden Themen im eröffnenden Sonatensatz mit ihren ausgedehnten Melodien entwickelten rasch ein eindringlich gestaltetes Eigenleben. Der leise C-Dur-Akkord schwoll zu einem bemerkenswerten Crescendo an - und die melodische Bewegung löste sich in geheimnisvoller Weise aus dem verminderten Sextakkord. Die Spannungsakkorde des Beginns wurden mit einer robust musizierten Gegenstimme kontrapunktisch aufgegriffen - und die Coda entfaltete sich in gewaltiger formaler Klarheit. Auch die Überschaubarkeit des zweiten Adagio-Satzes kam bei dieser Wiedergabe nicht zu kurz. Alles wurde von einem fast unendlich langen Atem getragen, der nicht enden wollte. Ein Triller ließ das Geschehen nach f-Moll absinken. Die Melodie wurde von Geige und Cello in Oktaven bis zum Höhepunkt angetrieben.
In stürmischem Presto erschien dann das vital gestaltete Scherzo, dessen Temperamentsausbrüche wirklich atemberaubend waren. Dynamik und Bewegung der Oktavparallelen wirkten atemlos, aber nicht gehetzt. Im Finale fiel die interessante Kombination von Sonatensatz und Rondo in besonders positiver Weise auf, weil die Mitglieder des Staatsorchesters die volkstümlichen Elemente betonten, ohne dass das Spiel derb wirkte. Auch der dezente Wiener Charme blitzte immer wieder leuchtkräftig auf. Die Durchführung erschien forsch, aber nicht ungestüm und besaß elektrisierendes Feuer. Und die ungeheure Temposteigerung der Stretta riss das Publikum bei dieser ausgezeichneten Wiedergabe zu wahren Begeisterungsstürmen hin. Gustavo Surgik (Violine), Holger Koch (Violine), Daniel Schwartz (Viola), Olivier Marger (Violoncello) und Laurens Groll (Violoncello) bildeten hier eine beglückende Einheit.
Nach der Pause folgte dann "Shaker Loops" für Streichseptett von John Adams, einem Hauptvertreter der Minimal Music, die ja auch Philip Glass beeinflusste. In seinem 1978 entstandenen Stück verwendete er eine raffinierte Kompositionstechnik, die mit vorproduzierten Tonbändern einzelne melodische und rhythmische Figuren stets wiederholen lässt. Sie werden in Loops abgespielt. Den sieben Streichinstrumenten sind Abschnitte zugeordnet, die als Loops wiederholt werden. "Shake" bezieht sich auf schnelle Spieltechniken wie Tremolo und Triller. Adams denkt dabei auch an die in den USA lebende Glaubensgemeinschaft der "Shaker". Sie verehrten Gott mit einem Schütteltanz.
Glissandi ("Hymning Slews") und Pizzicato-Momente verstärken diese suggestiven Eindrücke. In den Ecksätzen dominierte im Spiel von Veronika Unger (Violine), Lilian Scheliga (Violine), Daniel Schwartz (Viola), Philipp Körner (Violoncello), Laurens Groll (Violoncello) und Manuel Schattel (Kontrabass) das "Shaking", die schnelle Bewegung des Bogens über den Saiten. Es war auch im Mozartsaal akustisch eindringlich, wie sich das akustische und harmonische Netz verdichtete. Flageolett-Töne und Cluster-Klänge verstärkten die Klangeffekte ganz erheblich. Im dritten Satz "Loops and Verses" dominierten die Violoncelli mit langen, lyrischen Melodielinien. Die grandiosen motorischen Bewegungen fesselten das Pubikum bei dieser Wiedergabe ungemein. Als ekstatischer Tanz faszinierte schließlich der fulminant musizierte letzte Satz. Begeisterter Schlussapplaus.