Der Zauber der breit angelegten und feierlichen Introduktion hinterließ bei den Zuhörern einen tiefen Eindruck. Die dynamischen Kontraste wurden ausgezeichnet herausgearbeitet.
Anschließend erklang die selten zu hörende Sinfonie Nr. 4 in a-Moll op. 63 von Jean Sibelius, deren schroffe und herbe Harmonik das Publikum bei der Uraufführung im Jahre 1911 ratlos zurückließ. Flirrende Sechzehntel korrespondierten dabei in geheimnisvoller Weise mit einem Tritonus-Intervall. Leittonfremde Melodik, eigenwillige Harmoniefolgen sowie Tremolo- und Pizzicato-Einlagen wurden präzise herausgearbeitet und verliehen dieser Interpretation etwas unstet Flackerndes im formalen Aufbau. Der Gedanke Sibelius', Edgar Allan Poes "The Raven" zu vertonen, ist hier eingeflossen. In den oft schroff betonten Gegensätzlichkeiten lag eine elementare Kraft, deren Klangzauber nicht nachließ. Fagotte, Violoncelli und Kontrabässe waren im dunklen Register zu vernehmen. Der musikalische Fluss mündete in Fis-Dur. Und auch das Oboenthema im Adagio besaß großen Ausdrucksreichtum. Dass Sibelius hier neue Wege der Harmonik geht, machte die Aufführung in jedem Fall deutlich. Selbst impressionistisch gefärbte Episoden waren herauszuhören. Sibelius geht dabei sehr frei mit der Form um, was Robert Trevino mit dem einfühlsam musizierenden SWR Symphonieorchester auch souverän betonte.
Als pathetisches Vorspiel kam der erste Satz Molto moderato, quasi adagio daher. In dunkler Tiefe hob es an, als ob es aus starrer Fesselung einen Ausweg suchen würde. Immer schmerzlicher wurde der beengende Druck, bis das Streichermotiv diese Klammer sprengte. Wunderbar klar erklang der Nachhall der Hörner - aber Trompeten und Posaunen störten die beginnende Idylle. Das Streichermotiv bäumte sich dagegen auf. Fahle Leere umgab dann das scherzoartige Allegro molto vivace. Die Geigen markierten einen tänzerischen Volkston, das trippelnde Thema wurde aber von Trompeten und Posaunen gestoppt. Die beiden Flöten griffen beruhigend ein, die Klarinette forderte ein Echo in den Geigen heraus. Die selbständige Verarbeitung der kurzen Motivteile war mit ihren leidenschaftlichen Akzenten immer spürbar. Das gequält Suchende blieb bei dieser gelungenen Wiedergabe auch im Largo erhalten, dessen mild glänzendes Cellothema hervorragte. Von Energie erfüllt begann das Allegro-Finale mit einem markanten Geigenthema, dem kurze Reminiszenen aus dem ersten Satz mit dem Nachhall der Hörner antworteten. Eine anmutige Geschäftigkeit ging von den Hörnern aus, erzwang einen überstürzten Ausbruch des Gefühls. In den Holzbläsern bahnte sich ein breites Thema an, das Robert Trevino sehr ausdrucksstark musizieren ließ. Bläserakkorde wurden von auf- und abjagenden Streicherskalen ergänzt. Und als die Hörner energischer mitredeten, zeichnete sich ein leidenschaftlicher Ausbruch ab. Themenfetzen hakten sich ineinander. In engen, kleinen Tonschritten sank nach der "Katastrophe" die melodische Linie zu Boden, was sehr gut herausgearbeitet wurde.
Zum Abschluss begeisterte dann die mitreissende Interpretation der "Harmonielehre" für Orchester von John Adams, wo das SWR Symphonieorchester unter der energischen Leitung von Robert Trevino die Bezüge zu Richard Wagners "Parsifal" und Mahlers zehnter Sinfonie glutvoll betonte. Ein surrealer Traum beherrschte den Kopfsatz, in dem ein großes Containerschiff in der Bucht von San Francisco wie eine Rakete in den Himmel aufstieg. Gewaltige e-Moll-Akkorde und rhythmische Verschiebungen führten hier zu wilden und dramatischen Akkordschlägen. Der Mittelsatz mit dem Titel "The Anfortas Wound" wurde durch C.G. Jungs Gedanken über den König aus der Gralslegende angeregt, dessen Verletzung nicht heilen will. Dieser melancholische Klagegesang wurde dann von heftigen Orchestereinwürfen unterbrochen. Ganz ähnlich wie im dritten Satz von Sibelius' vierter Sinfonie kam auch hier ein dynamischer Steigerungsprozess zum Vorschein. Dann folgte der berühmte Verzweiflungsakkord aus Mahlers zehnter Sinfonie. Das Finale umschrieb Adams mit "Meister Eckhardt and Quackie" - auch dieser Satz basiert auf einem Traum. Er handelt davon, dass Adams' kleine Tochter Quackie auf den Schultern des mittelalterlichen Mystikers sitzt. Beide schweben zu den Himmelskörpern. Den ungeheuer sphärenhaften Zauber dieser Fahrt beschrieb das SWR Symphonieorchester unter Robert Trevino überaus glanzvoll. Jubel und "Bravo"-Rufe.
Im "AusKlang" stellte sich der Orchesterpianist Christoph Grund vor, der neben Tonbeispielen aus Strawinskys "Petruschka" auch die Melodie aus John Williams' "Harry Potter" musizierte. Nach einem Celesta-Intermezzo erklang noch mit pathetischem und chromatischem Feinschliff das Präludium aus der Partita Nr. 1 in B-Dur von Johann Sebastian Bach.