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FEINER DIALOG ZWISCHEN TROMPETE UND ORCHESTER - 1. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart im Beethovensaal der Liederhalle STUTTGART FEINER DIALOG ZWISCHEN TROMPETE UND ORCHESTER - 1. Sinfoniekonzert des...FEINER DIALOG ZWISCHEN...

FEINER DIALOG ZWISCHEN TROMPETE UND ORCHESTER - 1. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart im Beethovensaal der Liederhalle STUTTGART

am 19.11.2023

"Analyse mir unmöglich, aller Witz in Tönen ausgegeben" - so urteilte der 30jährige Richard Strauss über seine sinfonische Dichtung "Till Eulenspiegels lustige Streiche" op. 28 aus dem Jahre 1895. Unter der temperamentvollen Leitung der litauischen Dirigentin Giedre Slekyte brachte das famose Staatsorchester Stuttgart hier Ironie und Frechheit sowie Humor auf den Punkt.

 

Copyright: Liederhalle Stuttgart: Beethovensaal

Man begriff, wie souverän Strauss seine Themen und Motive beherrschte. Der milde Ton des Märchenerzählers fehlte ebenfalls nicht, das Eulenspiegelmotiv blitzte voller Schabernack. Pralle Energien wurden mit sphärenhafter Leichtigkeit freigesetzt, die Phrase der Einleitung überzeugte als lyrisch-gemütvolle Umbildung des Eulenspiegelthemas. Tänzelnd erschien Till auf dem Markt, zerschlug den Marktweibern ihre Tongeschirre und floh dann vor ihrem Geschrei. Selbst die Bidermannsmiene eines Frömmlers konnte man heraushören, als der Rhythmus von "Üb' immer Treu und Redlichkeit" mit einem heuchlerisch-biederen Motiv erklang. Als er sich auf Liebespfade begab, bekam er einen Korb. Auch die Moralphilister verhöhnte er mit allerhand Narrenweisheiten, entrüstet schleuderten sie ihm mit Staccato-Attacken ihre Anklagen entgegen. Das dröhnende Posaunenurteil mit Septfall ging durch Mark und Bein: Till Eulenspiegel wurde zum Tod durch den Strang verurteilt! Die Streicher erzählten schließlich schwärmerisch, dass er auch heute noch lebe.

Giedre Slekyte erfasste den Charakterisierungsreichtum dieser Partitur mit dem Staatsorchester ausgezeichnet. Dann folgte das elegische Konzert für Trompete und Orchester in B-Dur op. 94 aus dem Jahre 1967 von Mieczyslaw Weinberg, dessen jüdische Eltern und die Schwester von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Lyrisch, grotesk und spukhaft  spielte die norwegische Trompeterin Tine Thing Helseth dieses Werk, das auch von seinem Mentor Schostakowitsch beeinflusst ist. Anklänge an Mahler und Mendelssohn Bartholdy ("Hochzeitsmarsch") waren bei dieser bewegenden Wiedergabe ebenfalls deutlich herauszuhören. Die Etüde überzeugte mit einem markanten Motiv, das sich wie ein roter Faden durch den humorvollen Satz zog. Selbst die kreisende Figur der Trompete wurde facettenreich eingefangen und verlor nie ihren erstaunlichen Klangfarbenreichtum. Das aufsteigende Motiv gipfelte in einem Glissando. Ein Fanfaren-Motiv eröffnete dann den zweiten Satz mit energischen Triolenfiguren. Scharfe Dissonanzen durchbrachen das Gefühl der Sehnsucht. Flöte, Harfe und Streicher beschworen einen erfrischenden Dialog. Das Trompeten-Solo aus Strawinskys Ballett "Petruschka" stach ebenso präzis hervor. Walzer-Themen erschienen schemenhaft, mündeten in die Leichtigkeit eines fast unbeschwerten Schlusses.

Als Zugabe spielte Tine Thing Helseth noch ein berührendes Lied von Edvard Grieg. Leidenschaftlicher

Gefühlsüberschwang beherrschte die Wiedergabe von Antonin Dvoraks selten zu hörender sinfonischer Dichtung "Die Waldtaube" op. 110. Mitreissende melodische Einfälle spudelten dabei nur so hervor. Beschrieben wurde hier die düstere Geschichte einer Frau, die ihren Gatten vergiftete und beim Begräbnis ihre Trauer vortäuschte. Dvorak beschrieb dieses Ereignis mit einem einfühlsamen Trauermarsch, dessen Intensität sich steigerte. Mit der Trompete wurde die Ankunft eines jungen Mannes verkündet, der sie umgarnte und den sie heiratete. Die Taube erinnerte die Witwe allerdings mit Hilfe einer Oboe über einem geheimnisvollen Klang von zwei Flöten und einer Harfe an ihre Untat und sie beging Selbstmord. Eine versöhnliche Coda beschloss dieses Werk fast hymnisch, wobei Giedre Slekyte Übertreibungen vermied.

Zum Abschluss fesselte die aufwühlende Interpretation von Bela Bartoks Konzertsuite "Der wunderbare Mandarin", dessen Uraufführung an der Kölner Oper 1926  einen Theaterskandal auslöste. Marsch, Walzer und furiose Fugato-Steigerungen beschrieben dabei die wirre Handlung fast fieberhaft. Drei Zuhälter zwingen ein Mädchen dazu, Freier anzulocken, um sie ausrauben zu können. Ein älterer Herr und ein junger Mann haben kein Geld und werden hinausgeworfen. Der mysteriöse Mandarin aber ergreift das Mädchen und die Männer versuchen, ihn zu töten. Doch erst als das Mädchen ihn umarmt, stirbt er an seinen Wunden. Gewaltige Posaunen-Glissandi kündigten hier die Erscheinung des wunderbaren Mandarins an. Die Brutalität der Klänge erinnerte an Strawinskys "Le sacre du printemps". Wilde Streicherbewegungen arbeitete Giedre Slekyte mit dem Staatsorchester in elektrisierender Weise heraus, Staccato-Attacken  explodierten wie Feuersalven. Die ekstatische Raserei des unheimlichen Mandarins endete in einem unglaublichen Streicherfugato.

Tosender Schlussapplaus, "Bravo"-Rufe.
 

 

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