Chaim wird von Martin Olbertz sehr wandlungsfähig gespielt, während den Bauern Adolf Franz Xaver Ott recht burschikos verkörpert. Den Gastwirt Martin mimt verschlagen Peter Höfermayer. Eisenberg kommt zum wiederholten Mal zum Wandern ins Schwabenland, er sucht einen adäquaten Schachpartner. In der Regie von Franz Xaver Ott können sich die psychologischen Spitzfindigkeiten der Handlung gut entfalten. Der Name Adolf löst bei dem Juden Chaim natürlich Skepsis aus - trotzdem lässt er sich auf eine Schachpartie ein. Adolf entpuppt sich als schlagfertiger Partner mit Witz und Humor.
Doch bei dem Spiel entwickelt sich auch eine vertrackte Suche nach der Vergangenheit. Es geht natürlich um die Zeit des Nationalsozialismus und beide Schachpartner geraten plötzlich in Streit: "Sie unterstellen uns eine Mitschuld!" Schließlich kommt heraus, dass beide miteinander verwandt sind. Chaim betont: "Ich habe die Beweise!" Doch Adolf glaubt ihm zunächst nicht und hält die ganze Sache für unmöglich. Hier steigert sich der dramaturgische Spannungsbogen ganz erheblich. Der Gastwirt Martin unterstreicht schließlich die Glaubwürdigkeit Chaims, indem er Dokumente bringt. Adolf ist sprachlos, dann ist er jedoch zur Versöhnung bereit und scherzt sogar mit seinem israelischen Cousin.
Das Schachspiel spielt zuletzt überhaupt keine Rolle mehr, denn die beiden Männer sind nur noch mit der Suche nach ihren Verwandtschaftsverhältnissen beschäftigt. Schließlich machen sie sich gegenseitig Geschenke und "duzen" sich. Und Oberhuber möchte mit Adolf Hitler natürlich nichts zu tun haben. Dann erfährt man auch etwas über den Großvater Adolf und seine herrische Frau, die als "General" der Familie galt. Dieses wichtige Stück wurde 2019 übrigens mit dem Publikumspreis der Hamburger Privattheatertage ausgezeichnet.
In einer Zeit des zunehmenden Antisemitismus in Deutschland enthält es die wichtige Botschaft, dass es immer einen Weg zur Versöhnung gibt. Das Ansehen Deutschlands in Israel ist in den letzten Jahren gestiegen, während das Misstrauen gegenüber Juden hierzulande wieder wächst.
Die rustikalen Kostüme von Ilona Lenk passen zum fast nostalgischen Bühnenbild, an dessen Wänden zwei Gitarren hängen. Dann erklingt auch das Lied "Auf das Leben" ("L'Chaim"): "A glezele lekhayim..." ("Ein Gläschen auf das Leben..."). Themen wie Schuld, Scham, Sühne, Täter und Opfer sowie Zwangsarbeiter und Konzentrationslager werden bei diesem konzentrierten Spiel ganz bewusst nicht ausgespart.
Zuletzt "Bravo"-Rufe und viel Applaus.