Kein Zuschauer wird der Liebe der machthungrigen Poppea trauen, und doch versucht Monteverdis Musik immer wieder dieses Misstrauen zu zerstreuen. Poppea wird Opfer ihres Ehrgeizes und überlebt den Aufstieg an die Macht nicht. Und doch ist sie als historische Figur unsterblich wie jene andere große Unsterbliche, die zwar viel jünger ist, bei der aber Liebe, Tod und Zerstörung ebenso unentwirrbar miteinander verbunden sind: die Oper.
Die Oper war von ihrem Beginn an tot und gleichzeitig unsterblich. Sie sei nie mit ihrer Zeit im Einklang gewesen, sagt der slowenische Philosoph Slavoj Žižek und beschwört gleichzeitig seine Liebe zur Oper. „Wie kann man sie nicht lieben?“, fragt er. In der Tat ist sie unzeitgemäß und als feudal-bürgerliche Kunstform restaurativ. Von Anfang an wurde sie als etwas Überholtes und Rückschrittliches angesehen. Dennoch scheint es die Liebe zur Oper, zur Musik zu sein, die das Bedürfnis hervorruft, sie zu zerstören
und damit zu erneuern, anders sinnlich erleb- und hörbar zu machen. Aber gerade die Angst vor der Zerstörung ist in der Opernwelt so weit verbreitet wie in kaum einem anderen Bereich der zeitgenössischen Künste.
„Ich habe die Sehnsucht, aus den Ritualen der klassischen Musik auszubrechen, weil ich sie liebe“, sagt der Regisseur und Musiker David Marton. „Ich habe eine Sehnsucht nach einem Musiktheater jenseits der Oper, einer Welt des starken Beats, des rauen Klangs eines Bartók-Streichquartetts und der unmittelbaren Kraft eines guten Kinosoundtracks.“
David Marton, 1975 in Budapest geboren und seit 1996 in Berlin lebend, entwickelt Projekte, die im Grenzbereich zwischen Musiktheater und Schauspiel liegen und an denen gleichermaßen Schauspieler, Musiker und Sänger mitwirken. Nach einem Klavierstudium in Budapest und Berlin studierte er Dirigieren und Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. Für Marton stellt sich in seinen Arbeiten die Frage nach der Autonomie der Künste neu. Wie erzählen die unterschiedlichen Künste?
Wie erzählt die Musik, wie die Literatur? An den sophiensælen in Berlin entstanden u.a. „The Fairy Queen oder hätte ich Glenn Gould nicht kennen gelernt“ nach Henry Purcell und „Der Feurige Engel“ nach dem Roman von Valerij Brjussow. An der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz inszenierte er seine viel beachtete Bearbeitung von „Wozzeck“ nach Georg Büchner und Alban Berg, am Königlichen Schauspielhaus in Kopenhagen „Insomnia“, am Staatstheater Hannover „Lulu“ nach Frank Wedekind und Alban Berg. Zuletzt inszenierte er das Familienepos von Péter Esterházy „Harmonia Caelestis“ am Burgtheater Wien. Das Musiktheaterprojekt „Die Krönung der Poppea“ nach Claudio Monteverdi ist David Martons erste Inszenierung am Thalia Theater.
Regie David Marton
Ausstattung Alissa Kolbusch
Arrangements Michael Wilhelmi
Musikalische Leitung David Marton
Dramaturgie Beate Heine
Ensemble Bruno Cathomas (Nero), Franziska Hartmann (Drusilla), Hans Kremer (Seneca), Jelena Kuljic (Poppea), Maja Schöne (Ottavia), Tilo Werner (Otho) und die Musiker Daniel Dorsch, Marie Goyette, Beni Santora, Michael Wilhelmi
Weitere Vorstellungen am 8., 15., 29., 30. Oktober jeweils um 20 Uhr sowie am 9. Oktober um 14 Uhr
Eintritt Premiere 66 / 55 / 44 / 27 Euro / ermäßigt 12 Euro
Eintritt Vorstellungen 48 bis 9,50 Euro / ermäßigt 9 Euro
Karten 040. 32 81 44 44 / www.thalia-theater.de