Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
DER ZERBROCHNE KRUG, Lustspiel von Heinrich von Kleist, Theater UlmDER ZERBROCHNE KRUG, Lustspiel von Heinrich von Kleist, Theater UlmDER ZERBROCHNE KRUG,...

DER ZERBROCHNE KRUG, Lustspiel von Heinrich von Kleist, Theater Ulm

Premiere 16. September 2022, 19.30 Uhr, Großes Haus

Selbstverständlich versieht ein Meister des Doppelsinnigen wie Heinrich von Kleist seinen 1808 uraufgeführten Dramentext mit dem zweideutigen Untertitel »Lustspiel«. Denn der ob der eigenen Doppelmoral und diverser anderer Hindernisse strauchelnde Dorfrichter Adam sitzt über dem wortwörtlich eigenen Fall zu Gericht: Misstrauisch beäugt vom Schreiber Licht, der düstere Geheimnisse bereits erahnt, und unter der Aufsicht des ihn kontrollierenden Vorgesetzten, des Gerichtsrates Walter, verhandelt Adam vordergründig das Entzweigehen eines Krugs von Marthe Rull, angeblich verschuldet durch Ruprecht, den Verlobten ihrer Tochter Eve.

 

Copyright: Theater Ulm

Dem verdächtig fahrigen Richter ist merkwürdigerweise vor allem daran gelegen, die als Zeugin vernommene Eve einzuschüchtern und den verklagten Ruprecht möglichst rasch zu verurteilen. Geht es ihm etwa darum, die Anwesenden von sich, seinem auffälligen Äußeren und der Ursache dessen abzulenken? Neben dem Krug Frau Rulls ist in der vergangenen Nacht nämlich vor allem auch die Ehre ihrer Tochter beschädigt worden, als »so Schändliches, dass es kein Mädchenmund wagt, auszusprechen«, von ihr gefordert wurde.

Komisches und Tragisches sind hier mit derart großer Sensibilität für die Lächerlichkeit, Gefährdung und Abseitigkeit der menschlichen Existenz in die Sprache und das Handeln der Figuren eingeschrieben, in die irrwitzigen verbalen Verdunklungsversuche Adams ebenso wie in Eves beredtes Schweigen, dass dieser Text wie kein zweiter die Groteske des Daseins gedankenscharf und komödiantisch erfasst und ein — im besten Falle wissendes, bitteres oder befreiendes — Lachen auslöst.

Inszenierung Jasper Brandis
Ausstattung Andreas Freichels
Regieassistenz & Abendspielleitung Nemanja Leković
Dramaturgie Dr. Christian Katzschmann
Licht Marcus Denk
Soufflage Ruth Dohle
Inspizienz Oliver Eisenmenger

Mit
Markus Hottgenroth (Walter, Gerichtsrat) Frank Röder (Adam, Dorfrichter) Stephan Clemens (Licht, Schreiber) Christel Mayr (Frau Marthe Rull) Emma Lotta Wegner (Eve, ihre Tochter) Gunther Nickles (Veit Tümpel) Maurizio Micksch (Rupprecht, sein Sohn) Nils Willers (Frau Brigitte)

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 10 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

NICHT AUF DEN LITURGISCHEN BEREICH BESCHRÄNKT --- Bruckners e-Moll-Messe und Motetten bei BR Klassik

Anders als die frühe d-Moll-Messe blieb die 1866 in Linz komponierte e-Moll-Messe nicht auf den liturgischen Bereich beschränkt. Die alten Kirchentonarten stehen bei der Messe in e-Moll von Anton…

Von: ALEXANDER WALTHER

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑