Felix Krull spielt den Menschen vor, was diese von ihm sehen wollen. Mit gutem Aussehen, manipulativer Freundlichkeit und einer gehörigen Portion krimineller Energie gelingt ihm ein rasanter gesellschaftlicher Aufstieg. Luca Rosendahl spielt den Felix Krull und führt durchgängig durch die Handlung. Die fünf weiteren Spielerinnen und Spieler des Ensembles schlüpfen in alle anderen Rollen und abwechselnd auch in die Figur des Felix Krull, indem sie in erzählerischen Passagen einen Einblick in dessen Gedanken und Gefühle gewähren, die den Humor und die Doppeldeutigkeit der Geschichte erst deutlich machen. Die Mehrfachbesetzung betont auch die fluide Identität des Helden. Krull ist ein Verwandlungskünstler, der sich immer wieder neu erfindet.
Zum Inhalt
Die rasante Entwicklung von Felix Krull war zu Beginn seiner Jugend nicht unbedingt vorhersehbar. Sein Vater, ein windiger Schaumweinfabrikant, stahl sich nach dem Konkurs seiner Firma durch Selbstmord aus der Verantwortung. Felix sah sich als Sohn eines Bankrotteurs und Selbstmörders und als miserabler Schüler ohne große Aussichten auf ein erfolgreiches Leben oft abschätzigen Blicken ausgesetzt, die ihn zutiefst kränkten.
Aber schon seit seiner Kindheit war er höchst talentiert im Vortäuschen falscher Tatsachen. Krankheiten zu simulieren, um die Schule zu meiden, gelang ihm, bis sich tatsächlich körperliche Symptome einstellten. Eine »Gabe«, mit der er ein paar Jahre später in einer schauspielerischen Glanzleistung dem Militär entkommen sollte. Wunderbar fühlte es sich für ihn an, sich zu verkleiden und in andere Rollen zu schlüpfen. Bei einem Theaterbesuch erkennt er das Bedürfnis der Menschen nach Illusion und Verführung und macht sich dies zum Lebensprinzip. Als Liftboy und späterer Kellner in einem Pariser Grandhotel findet er durch die Hintertür Eingang in die Kreise, die ihn magisch anziehen und in die er mit List, Raffinesse und Charisma aufsteigt. Sollte der Name tatsächlich Programm sein: Felix, der Glückliche, das vom Schicksal bevorzugte Sonntagskind?
Aber wie lebt es sich, wenn man immer nur den Erwartungen anderer entspricht? Wenn man selbst kaum mehr zwischen Schein und Sein unterscheiden kann? Felix ist ein Experte der Selbstvermarktung und perfekt in einer Zeit, in der es vor allem auf Äußerlichkeiten ankommt. Aber er ist auch ein Mensch ohne wirkliche Freunde und ohne tiefe emotionale Bindungen, der am Ende selbst nicht mehr weiß, wer er wirklich ist, weil er sich »auflöst« und die Identität eines anderen annimmt.
Thomas Mann schrieb im Laufe seines Lebens immer wieder an diesem Roman. Schon 1906 gab es erste Notizen, ab 1953 arbeitete er intensiv daran. Sein »Felix Krull« blieb aber ein Fragment, das mit dem Höhepunkt des gesellschaftlichen Aufstiegs des Helden endet. Kurz nach Vollendung des ersten Teils starb Thomas Mann. Aus seinen Planungsnotizen geht hervor, dass die Hochstapelei den jungen Felix Krull schließlich ins kriminelle Milieu und ins Gefängnis führen sollte. Als Anregung diente ihm die Autobiographie des rumänischen Hochstaplers Georges Manolescu. Auch Thomas Mann selbst stand Pate für verschiedene Figuren. Manche Literaturwissenschaftler gehen gar davon aus, dass Thomas Mann in diesem Roman sein eigenes Psychogramm schrieb. Genau wie sein Felix Krull verlor er früh seinen Vater, hasste die Schule, verließ das Gymnasium ohne Abitur, entkam dem Militärdienst und unternahm eine Bildungsreise nach Italien.
Regie: Georg Schmiedleitner
Bühne: Stefan Brandmayr
Kostüme: Cornelia Kraske
Musikalische Beratung: G. Gutenberger
Dramaturgie: Sophie Püschel
Felix Krull: Luca Rosendahl
Krull2/Vater/Stabsarzt/Chef-Rezeptionist/Lord Kilmarnock/Senhora Maria Pia: Tobias D. Weber
Krull3/Mutter/Stadtpfarrer/Zollbeamter/Rezeptionist/Machatschek/Marquis de Venosta: Sarah Finkel
Krull4/Schwester/Unteroffizier/Concierge/Meister Jean-Pierre/Armand/Eleanor Twentyman/Zouzou: Romy Klötzel
Krull5/Schimmelpreester/Sanitätsrat Düsing/Page/Madame Houpflé/Andromache: Pablo Guaneme Pinilla
Krull6/Müller-Rosé/Hoteldirektor Stürzli/Professor Kuckuck: Oliver Firit
Weitere Vorstellungstermine: 24. Januar, 31. Januar, 8. Februar, 15. März, 18. März, 22. März, 23. März, 28. März – jeweils um 19.30 Uhr
weitere Termine unter www.theater-heilbronn.de