
Eine Operette aus dem Geist der „Opera buffa“
Zwei Dinge machen dieses Werk zu einer Klasse für sich: Künneke kommt in jeder Hinsicht von der Klassik her, der Spätromantik und der frühen Moderne. Er lernte das Komponistenhandwerk bei Max Bruch und er beherrschte es ebenso meisterhaft wie furchtlos gegenüber aberwitzigen Stilbrüchen. Sein „Vetter aus Dingsda“ ist ein legitimer Vetter der Opera buffa und gerade deshalb frisch und qualifiziert für die Kammeroper Frankfurt. Die Personen sind Getriebene ihres Glücks. Virtuos plappernd und singend steigern sich die Gesangs-Ensembles wie bei Rossini lustvoll gegenseitig bis zur Ekstase; aber wenn es die Situation erfordert, hat Künneke auch Humperdinck-Töne oder gar Wagnergetöse im Register. Und mitten dazwischen die entfesselten Tänze der 20er. Oder etwas Polkaeskes. Aber dabei klingt „Dingsda“ nie einfach nur „nach Demda und Demda“.
Künneke verübelte den Klassikkollegen seiner Zeit, dass ihnen keine originellen Melodien mehr einfallen würden. Der „Vetter“ ist ein echtes, melodiensattes Original.
Eine Stilikone der Zwanziger Jahre
Das andere entscheidende „Ding“ beim „Vetter aus Dingsda“ sind die 20er Jahre. Sie bilden 2025, rund einhundert Jahre später, erneut eine wichtige Folie der Jetztzeit. Sie werden allgemein bewundert und gleichzeitig besorgt betrachtet. Die 20er waren nicht umsonst die Zeit, in der der „Vetter“ entstand: eine Zeit des Umbruchs, der Verunsicherung und des Aufbruchs. Vermögen und Verlust lagen nur um Haaresbreite auseinander wie bei der jungen Julia, der Hauptperson der Operette, einer Erbin, einer „Stilikone“, die von Onkel und Tante unter der Fuchtel gehalten und ausgenutzt wird und darauf irgendwann keine Lust mehr hat. Sie lernt einen mysteriösen, anziehenden, aber auch mittellosen und mitunter nervigen Fremden kennen, aber ihr Herz gehört immer noch einer fernen Jugendliebe in Battavia, heute Jakarta in Indonesien. ER ist dort reich geworden. Aber trotz ihrer Träumerei muss Julia den exotischen Ort immer noch im Lexikon nachschlagen, er bleibt für alle der „Vetter aus Dingsda“ - bis ER irgendwann auftaucht.
Die Inszenierung der Kammeroper: Entdeckungen mit Liebe zur Oper und Humor Die Kammeroper Frankfurt will niemanden belehren oder jemandem ihre Weltsicht verkaufen. Diese Operette ist witzig, brisant und entzückend und scheint in vielerlei Hinsicht hundert Jahre später nur allzu aktuell. Wo sie nicht aktuell ist, ist sie zeitlos in den Themen wie Fernweh, Liebe,
Verwandtschaft, Geld, Macht und Sehnsucht nach dem Mond.
Libretto von Herman Haller und Firtz Oliven
Leitung: Rosenberg, El Sigai, Keller, Kraatz, Bresgen, Menshchikova, Villalobos, Dorn
Mitwirkende: Fendel, Johansen, Rueffer, Banzer, Engel, Guy, Peter, Purner, Schläger, Mathes
Orchester der Kammeroper Frankfurt
weitere Aufführungen: Mittwoch 9. Juli, Freitag 11. Juli, Samstag 12. Juli, Mittwoch 16. Juli, Freitag 18. Juli, Samstag 19. Juli,
Mittwoch 23. Juli, Freitag 25. Juli, Samstag 26. Juli 2025 jeweils 19.30 Uhr
Aufführungsort: Musikpavillon/ Orchestermuschel im Palmengarten.
Bei Regen findet die entsprechende Aufführung konzertant statt.
Eingang: Bockenheimer Landstraße/Palmengartenstraße 11 und Siesmayerstraße 63
Vorverkauf: Frankfurt Ticket Tel: 13 40 400, Kasse Palmengarten und an der Abendkasse