Die großen Fragen der Menschheit erforscht der belgische Choreograf mit Hilfe eines Räderwerks, das die Tänzerinnen und Tänzer konstruieren und dekonstruieren. Wie in einer Kettenreaktion zerfließen hier die mechanischen Bewegungen, dabei entsteht auch eine leuchtkräftige visuelle Schönheit. Gesang und Trommelgeräusche verstärken die harmonische Intensität. Aus großen Metallreifen formen die Tänzer die Erde zuerst als Scheibe und dann als Kugel. Jedes Detail kommt dabei zum Vorschein - und die Protagonisten scheinen sich die Metallreifen in geheimnisvoller Weise gegenseitig zuzuspielen. Sie imitieren auch äusserst geschickt die vielfältigen Reifenbewegungen. Zuletzt verlassen sie die Bühne - und die sich ständig drehenden Reifen kommen dann allmählich zum Stillstand. Der britische Künstler Anthony Gormley hat diese Metallreifen entwickelt.
Von einer noch stärkeren Wirkungskraft ist allerdings die Choreografie "Via" des französisch-marokkanischen Choreografen Fouad Boussouf, der die rot-blaue und gelb-blaue Bühne gemeinsam mit dem Installationskünstler Ugo Rondinone entworfen hat. Dabei spielt ein unglaublich vibrierender Rhythmus eine überragende Rolle. Das Farbspektrum der warmen Erde Afrikas korrespondiert mit dem urbanen Track des Street Dance. Hip-Hop und zeitgenössischer Tanz entfalten so eine geradezu magische Wirkungskraft. Explosiv und hypnotisch zugleich kann man diese einfallsreiche Performance nennen, die neue Welten des tänzerischen Ausdrucks eröffnet. Auch Nouveau Cirque und die traditionelle Folklore des arabischen Tanzes kommen nicht zu kurz. Alles flimmert und flirrt vor den Augen der gebannten Zuschauer, die in fremde Welten entführt werden. Seit 2022 leitet Boussouf das Centre Choreographique in Le Havre. Jubel, frenetischer Schlussapplaus.