Wie viel Erden brauchen wir?
Ausgehend von Molières Stoff haben wir es mit einer lustvoll dekadent lebenden Familie zu tun, die mit einer großen Selbstverständlichkeit Spaß am Verprassen hat und damit als Familie im Kleinen das tut, was die Gesellschaft im Großen vollzieht, nämlich über die Verhältnisse zu leben. Aber wie lange können wir uns das noch leisten? Die Tage, wann die Erde ihre jährlichen Ressourcen verbraucht hat, kommen immer früher im Jahr. «Aber die Person, die darauf hinweist wird nicht akzeptiert, weil es in die eigene Lebenswelt eingreifen würde. Das verursacht Abwehr», sagt Schauspielleiter Peter Hilton Fliegel. «Die Komik liegt darin, dass wir viel mehr wissen, als wir in Handeln übersetzen. Da reichen Bambuszahnbürsten und Bio-Hühnchen nicht aus.»
Wer bezahlt für wessen Fehler?
Im Stück leben drei Generationen unter einem Dach. Nicht zufällig, denn dadurch kommt auch die Frage nach der Schuld auf den Tisch, wenn es darum geht, wer das ganze Geld verprasst hat und wer am Ende die Rechnung dafür zahlen muss. «Wenn man die Dinge so runterbricht, wirkt es wie ein lustiges Individualproblem. Dahinter steckt aber die Mechanik für den großen gesellschaftlichen Zusammenhang», so Regisseur Tim Egloff.
Die Kardashians und gesellschaftliche Schizophrenie
Wo taucht so etwas wie die Familie Orgons heute auf? Vorbild für Ausstatterin Luisa Wandschneider waren die Kardashians als Inbegriff einer Familie, die sich rein über ihren Lifestyle definiert. Präsent in den Medien, generieren sie ihren Reichtum über diese Präsenz – ein Zirkelschluss der Aufmerksamkeit. «Diese Art, im absoluten Überfluss zu leben und daraus bewusst eine Erzählung zu machen, ist spannend auch im Hinblick auf die Funktionsweise der Familie im Stück», so Wandschneider.
«Wir leben inzwischen in einer Gesellschaft, in der jede Regel, jede Rücksicht als Zumutung empfunden wird. Verbote und Einschränkungen sind als Ökofaschismus verschrien. Dabei wissen ja alle, dass wir über unsere Verhältnisse leben, ökologisch wie ökonomisch. Wir wissen, dass wir uns Grenzen setzen müssen, aber wehe dem, der sie uns setzt! Von dieser gesellschaftlichen Schizophrenie erzählt das Stück», betont John von Düffel.
INSZENIERUNG Tim Egloff
Bühne & Kosüme Luisa Wandschneider
DRAMATURGIE Peter Hilton Fliegel
MADAME PERNELLE Kay Krause
ELMIRE Julia Lindhorst-Apfelthaler
DAMIS Justus Henke
MARIANE Anna Caterina Fadda
ORGON Marc Vinzing
TARTÜFF Richard Feist
Die nächsten Termine: 12.12.2023 / 29.12.2023 / 06.01.2024 / 17.01.2024 / 26.01.2024