Mit Eriopis wagt die finnische Autorin E. L. Karhu eine radikale Überschreibung des Medea-Stoffes, der durch die Jahrhunderte eine Vielzahl von Nacherzählungen und Auslegungen erfahren hat. Medea, die je nach Version des Mythos ihre eigenen Kinder tötet, ist bei Karhu eine distanzierte Mutter, von der die Tochter Eriopis wenig Zuneigung erfährt. Der Vater ist abwesend, das Kind ist auf sich gestellt. Nachdem die Mutter und die Geschwister verschwunden sind, holt der Vater sie zu sich in die Stadt. Wie wird ein Kind mit solch einer Geschichte erwachsen? Das Stück konzentriert sich ganz auf die Perspektive von Eriopis und lotet die Möglichkeiten aus, sich aus dem Erlebten herauszuarbeiten.
Mit diesem Auftragswerk setzt das Schauspiel Leipzig die Zusammenarbeit mit E. L. Karhu fort, die mit der deutschsprachigen Erstaufführung ihres Stückes „Prinzessin Hamlet“ in der Diskothek begann. E. L. Karhu lebt in Helsinki und arbeitet als Dramatikerin und Dramaturgin. Das thematische Interesse ihrer Stücke kreist vielfach um die Ethik menschlichen Handelns sowie um das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft. Die Autorin untersucht in ihrem Schreiben neue dramatische Formen und die Grenzen der Bühnensprache.
Anna-Sophie Mahler inszeniert mit dieser Uraufführung zum ersten Mal am Schauspiel Leipzig. Sie ist sowohl als Schauspiel- wie auch als Opernregisseurin tätig, u. a. am Staatstheater Stuttgart, am Theater Basel und an der Bayerischen Staatsoper. Ihre eigene freie Gruppe CapriConnection zeichnet sich durch die Verwebung von dokumentarischen Texten mit Musik und Bild aus. Mit ihrer Inszenierung von „Mittelreich“ an den Münchner Kammerspielen wurde Anna-Sophie Mahler zum Theatertreffen 2016 nach Berlin eingeladen. 2017 wurde sie mit zwei Arbeiten auf der Biennale Teatro in Venedig als Künstlerin vorgestellt.
aus dem Finnischen von Stefan Moster
Regie: Anna-Sophie Mahler
Bühne & Kostüme: Katrin Connan
Komposition: Michael Wilhelmi
Dramaturgie: Georg Mellert
Licht: Thomas Kalz
Besetzung
Julia Berke, Michael Wilhelmi, Yuka Yanagihara