Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Richard Strauss‘ ARIADNE AUF NAXOS an der Oper HalleRichard Strauss‘ ARIADNE AUF NAXOS an der Oper HalleRichard Strauss‘ ARIADNE...

Richard Strauss‘ ARIADNE AUF NAXOS an der Oper Halle

Premiere: Freitag, 22.02.2019 | 19.30 Uhr | Oper Halle, Großer Saal

Im Palast eines neureichen Wieners wird ein Opernabend vorbereitet. Der Komponist ist anwesend, ebenso sein Musiklehrer. Zum Entsetzen beider soll direkt auf ihre Premiere das heitere Commedia dell’arte-Spiel »Die ungetreue Zerbinetta und ihre vier Liebhaber« einer reisenden Theater-Truppe aufgeführt werden. Der Schock sitzt tief – doch es kommt noch schlimmer.

 

Der Auftraggeber lässt verfügen, dass aus Zeitgründen beide Stücke nun gleichzeitig aufzuführen seien. Tenor und Primadonna protestieren, der Komponist ist außer sich, doch aller Widerstand ist zwecklos. Die kokette Zerbinetta erklärt die neue Spielsituation und der Vorhang geht auf:

„Das Stück geht so: eine Prinzessin wurde von ihrem Bräutigam sitzen gelassen, und ihr nächster Verehrer ist vorerst noch nicht angekommen. Die Bühne stellt eine wüste Insel dar. Wir sind eine muntere Gesellschaft, die sich zufällig auf der Insel befindet. Die Kulissen sind Felsen, und wir platzieren uns dazwischen. Ihr richtet euch nach mir, und sobald sich eine Gelegenheit bietet, treten wir auf und mischen uns in die Handlung!“

In Richard Strauss’ ARIADNE AUF NAXOS treffen durch das Stück im Stück Welten aufeinander. Die Willkür des Neureichen der Rahmenhandlung, dem Kunst bloß repräsentatives Beiwerk ist, kollidiert mit dem sakralen Kunstverständnis des Komponisten.

Opera seria und Commedia dell’arte müssen eine scheinbar unmögliche Liaison eingehen. Was auf den ersten Blick eher gewollt und konstruiert anmuten könnte, ist eins der beeindruckendsten Musiktheaterwerke des legendären Duos Richard Strauss und Hugo von Hofmansthal. Die Liebe der Autoren zu scharfen Kontrasten und Brüchen zwischen Einfachheit und hoher Kunst, zwischen Komik und Ernst führt in ARIADNE AUF NAXOS zu einer ungeahnten Harmonie dieser beiden Welten. Das Theater führt sich selbst auf, scheut dabei keinen Pathos und hat einen Heidenspaß. Montage, ungenierte Zitate der Operngeschichte, Sprünge zwischen den Erzählungen: ARIADNE AUF NAXOS ist in ihrem Aufbau ein Werk, das der Gegenwart entstammen könnte. Die große Emotionalität bringt sie aber in all der Intensität mit, die das frühe 20. Jahrhundert zu bieten hatte.

Paul-Georg Dittrichs Inszenierung nähert sich ARIADNE AUF NAXOS mit der ganzen gesellschaftspolitischen Drastik, die dem Werk innewohnt. Von der akuten Bedrohung der Kunstfreiheit im Vorspiel bis hin zum psychologischen Individualdrama in der Oper selbst: im Zentrum von Dittrichs Inszenierung stehen wie schon bei Strauss und Hofmannsthal brennende gesellschaftliche wie individuelle Identitätsfragen vor dem Hintergrund einer gesamtgesellschaftlichen Sprachkrise. Für das Bühnenbild zeichnet Sebastian Hannak verantwortlich, der zuletzt an der Oper Halle mit seinen Raumbühnen HETEROTOPIA und BABYLON enormes Aufsehen erregen konnte und 2017 dafür mit dem Deutschen Theaterpreis DER FAUST ausgezeichnet wurde.

Musikalische Leitung Michael Wendeberg  
Regie Paul-Georg Dittrich  
Bühne Sebastian Hannak  
Kostüm Anna Rudolph
Beleuchtung Peter Erlenkötter  
Dramaturgie Kornelius Paede

Der Haushofmeister Ali Aykar/Tristan Steeg| Ein Musiklehrer Gerd Vogel | Der Komponist Svitlana Slyvia |Der Tenor/Bacchus Jean Noël Briend a.G. | Ein Offizier/Harlekin Martin Gerke a.G. | Scaramuccio Robert Sellier | Ein Perückenmacher Rainer Stoß | Ein Lakai /Truffaldin Ki- Hyun Park | Brighella / Ein Tanzmeister Matthias Koziorowski | Zerbinetta Liudmila Lokaichuk | Primadonna/Ariadne Anke Berndt | Najade Linda van Coppenhagen | Dryade Yulia Sokolik | Echo Sol Her

Staatskapelle Halle

Weitere Vorstellungen:
02./17. März | 10./21. April | 10. Mai 2019

Bild: Richard Strauss

 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 17 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

BEWEGENDE NATURSCHILDERUNGEN -- Stuttgarter Philharmoniker mit der "Alpensinfonie" von Richard Strauss in der Liederhalle STUTTGART

"Erhabene Landschaften" standen diesmal im Mittelpunkt. Zunächst musizierten die Stuttgarter Philharmoniker unter der kompetenten Leitung von Frank Beermann die "Grand Canyon Suite" aus dem Jahre 1931…

Von: ALEXANDER WALTHER

DRAMATISCHE AUSDRUCKSKRAFT -- Neue CD "Letzte Lieder" mit Sebastian Naglatzki und Ana Miceva, beim Label Genuin erschienen

Mit ihrem Album "Letzte Lieder" widmen sich die Pianistin Ana Miceva und der Bassbariton Sebastian Naglatzki den letzten Liedkompositionen von Franz Schubert, Johannes Brahms, Hugo Wolf und Maurice…

Von: ALEXANDER WALTHER

DER TEUFELSGEIGER ALS GITARRIST -- Ensemble Visconti Plus im Schloss BIETIGHEIM-BISSINGEN

Das Visconti-Quartett wurde 2006 aus Mitgliedern der "sueddeutschen kammersinfonie bietigheim" und Lehrern der Bietigheim-Bissinger Musikschule gegründet. Der Name dieses Ensembles geht auf die aus…

Von: ALEXANDER WALTHER

BLICK IN DEN DIGITALEN ABGRUND -- Premiere "KI essen Seele auf" von Thomas Köck im Kammertheater STUTTGART

In Regie, Konzept Bühne & Kostüm von Mateja Meded taucht der Zuschauer in die bizarre Welt der Künstlichen Intelligenz immer tiefer ein, weil es die drei hervorragenden Schauspielerinnen Therese Dörr,…

Von: ALEXANDER WALTHER

MEISTER INTENSIVER KLANGFLÄCHEN -- Konzert des SWR Symphonieorchesters zum 90. Geburtstag von Helmut Lachenmann in der Liederhalle STUTTGART

Unter der inspirierenden Leitung von Francois-Xavier Roth musizierte das SWR Symphonieorchester zwei wichtige Werke zum 90. Geburtstag von Helmut Lachenmann, der beim Konzert anwesend war. Zunächst…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑