Der Auftraggeber lässt verfügen, dass aus Zeitgründen beide Stücke nun gleichzeitig aufzuführen seien. Tenor und Primadonna protestieren, der Komponist ist außer sich, doch aller Widerstand ist zwecklos. Die kokette Zerbinetta erklärt die neue Spielsituation und der Vorhang geht auf:
„Das Stück geht so: eine Prinzessin wurde von ihrem Bräutigam sitzen gelassen, und ihr nächster Verehrer ist vorerst noch nicht angekommen. Die Bühne stellt eine wüste Insel dar. Wir sind eine muntere Gesellschaft, die sich zufällig auf der Insel befindet. Die Kulissen sind Felsen, und wir platzieren uns dazwischen. Ihr richtet euch nach mir, und sobald sich eine Gelegenheit bietet, treten wir auf und mischen uns in die Handlung!“
In Richard Strauss’ ARIADNE AUF NAXOS treffen durch das Stück im Stück Welten aufeinander. Die Willkür des Neureichen der Rahmenhandlung, dem Kunst bloß repräsentatives Beiwerk ist, kollidiert mit dem sakralen Kunstverständnis des Komponisten.
Opera seria und Commedia dell’arte müssen eine scheinbar unmögliche Liaison eingehen. Was auf den ersten Blick eher gewollt und konstruiert anmuten könnte, ist eins der beeindruckendsten Musiktheaterwerke des legendären Duos Richard Strauss und Hugo von Hofmansthal. Die Liebe der Autoren zu scharfen Kontrasten und Brüchen zwischen Einfachheit und hoher Kunst, zwischen Komik und Ernst führt in ARIADNE AUF NAXOS zu einer ungeahnten Harmonie dieser beiden Welten. Das Theater führt sich selbst auf, scheut dabei keinen Pathos und hat einen Heidenspaß. Montage, ungenierte Zitate der Operngeschichte, Sprünge zwischen den Erzählungen: ARIADNE AUF NAXOS ist in ihrem Aufbau ein Werk, das der Gegenwart entstammen könnte. Die große Emotionalität bringt sie aber in all der Intensität mit, die das frühe 20. Jahrhundert zu bieten hatte.
Paul-Georg Dittrichs Inszenierung nähert sich ARIADNE AUF NAXOS mit der ganzen gesellschaftspolitischen Drastik, die dem Werk innewohnt. Von der akuten Bedrohung der Kunstfreiheit im Vorspiel bis hin zum psychologischen Individualdrama in der Oper selbst: im Zentrum von Dittrichs Inszenierung stehen wie schon bei Strauss und Hofmannsthal brennende gesellschaftliche wie individuelle Identitätsfragen vor dem Hintergrund einer gesamtgesellschaftlichen Sprachkrise. Für das Bühnenbild zeichnet Sebastian Hannak verantwortlich, der zuletzt an der Oper Halle mit seinen Raumbühnen HETEROTOPIA und BABYLON enormes Aufsehen erregen konnte und 2017 dafür mit dem Deutschen Theaterpreis DER FAUST ausgezeichnet wurde.
Musikalische Leitung Michael Wendeberg
Regie Paul-Georg Dittrich
Bühne Sebastian Hannak
Kostüm Anna Rudolph
Beleuchtung Peter Erlenkötter
Dramaturgie Kornelius Paede
Der Haushofmeister Ali Aykar/Tristan Steeg| Ein Musiklehrer Gerd Vogel | Der Komponist Svitlana Slyvia |Der Tenor/Bacchus Jean Noël Briend a.G. | Ein Offizier/Harlekin Martin Gerke a.G. | Scaramuccio Robert Sellier | Ein Perückenmacher Rainer Stoß | Ein Lakai /Truffaldin Ki- Hyun Park | Brighella / Ein Tanzmeister Matthias Koziorowski | Zerbinetta Liudmila Lokaichuk | Primadonna/Ariadne Anke Berndt | Najade Linda van Coppenhagen | Dryade Yulia Sokolik | Echo Sol Her
Staatskapelle Halle
Weitere Vorstellungen:
02./17. März | 10./21. April | 10. Mai 2019
Bild: Richard Strauss