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MUSIK UND WORT VEREINT -- Rothko String Quartet im Ordenssaal bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen

am 15.6.2024

Ende 2022 wurden die Briefe von Ingeborg Bachmann und Max Frisch im Suhrkamp Verlag veröffentlicht. Sehnsuchtstöne, Eifersüchteleien und Streitgespräche wechseln sich ab. Amelie Schmidt (Rezitation) brachte alles genau auf den Punkt. So bekam man einen tiefen Einblick in dieses problematische und schwierige Liebesverhältnis. Selbst Wien war für Ingeborg Bachmann eine Stadt, "vor der es mir graust". In ihren Briefen an Max Frisch bezeichnet sie sich selbst als unglücklich, befürchtet, dass ihr Körper für Frisch unangenehme sein könnte. "Du hast mich fortgeschickt und verstoßen", kommentiert sie bitter. "Ich will Liebe", lautet die weitere Forderung. Und gleich darauf heißt es dann lakonisch: "Du liebst mich nicht".

 

Copyright: Rainer Pfisterer

Die Bachmann möchte keine "Junggesellin" sein - und wird von Max Frisch doch immer wieder dazu gemacht. Sie möchte letztendlich nie mehr mit einem Mann zusammensein: "Für mich erhoffe ich nichts mehr..." Als Fazit wird verkündet: "Wir haben es nicht gut gemacht". Im Mittelpunkt des musikalischen Teils stand dann das Streichquartett Nr. 2 "Intime Briefe" von Leos Janacek, das er in seinem Todesjahr 1928 komponierte und dessen Uraufführung er nicht mehr erlebte. Aus den 600 bis 1000 Briefen, die er an seine Geliebte Kamila Stösslova schrieb, zeugt auch die Komposition "Intime Briefe".  

Das Rothko String Quartet mit Joosten Ellee (Violine), William Overcash (Violine), Marc Kopitzki (Viola) und Jakob Nierenz (Violoncello) interpretierte dieses Werk überaus leidenschaftlich, kontrastreich und glühend. Die Last und der Atem des Lebens bestimmen laut Janaceks eigenen Worten hier die Harmonik: "Hinter jedem Ton stehst du, lebendig, heftig, liebevoll". Die erregende Vielfalt dieser Musik wurde vom hervorragend musizierenden Rothko String Quartet jedenfalls sehr plastisch herausgearbeitet. Die beiden langsamen Sätze korrespondierten mit den beiden rondoartigen schnellen Sätzen sehr abwechslungsreich. Ein Leitmotiv oder die Verarbeitung motivischen Materials gibt es dabei nicht. Immer neue Themen und Melodien blühten aber regelrecht auf, wurden von der gut aufeinander abgestimmten Formation gleichsam auf die Spitze getrieben.

Musik und Wort gingen auch bei den anderen Werken nahtlos ineinander über. "Neutral Objects" von Yaz Lancaster erschien ebenso flirrend wie hypnotisch und besann sich auf Alltägliches.  Rhythmische Finessen blitzten bei "Little Black Book" von Jlin und "love reacts only" von Inti Figgis-Vizueta hervor. Besonders interessant war die suggestive Begegnung von "The Answers" von Julie Zhu, in der vier Instrumente vier Planeten vertonen. Die erste Geige stellt Mars dar, die zweite die Erde, die Bratsche Venus und das Cello Merkur. Hypnotisch wird tonal das C2 umkreist. In die kontrapunktisch reizvolle Welt des Madrigals entführte Maddalena Casulana bei "Il vostro dipartir", wo das Quartett die thematischen Zusammenhänge minuziös offenlegte.

Zuletzt begeisterter Schlussapplaus.
 

 

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