Luises Vater, der Musiker Miller, missbilligt die Beziehung aus Argwohn gegen den verwöhnten Karrieristenspross, aber auch Präsident Walter hintertreibt mit allen Mitteln die Verbindung. Denn er hatte für Ferdinand eine Heirat geplant, die seine eigene Laufbahn befördern sollte: Durch die Ehe mit Lady Milford, der Geliebten des Herzogs, würden Ferdinand und der Präsident enorm an gesellschaftlichem Ansehen und Einfluss gewinnen. Diese Chance will der Präsident nicht vergeben und so spinnt er gemeinsam mit seinem Sekretär Wurm eine perfide Intrige. Die Idee, in Ferdinand Misstrauen gegen Luise zu säen, hat Erfolg: Die Liebe wird im Kern getroffen und von innen heraus zersetzt. Aus zärtlicher Verehrung wird rasende Eifersucht. Doch ist die Einschlagstelle wesentlich größer als berechnet: Eine Kettenreaktion wird ausgelöst, die wüste Ödnis hinterlässt. Schillers 1783 geschriebenes Drama ist ein grausamer Versuch über die Liebe. Es gilt herauszufinden, wie weit man sie treiben kann und wann sie – von äußeren und inneren Widersprüchen zerrieben – zusammenbricht. Zu Schillers Zeit war das berühmte Trauerspiel eine Kriegserklärung an die herrschenden Zustände und ein Akt der Selbstbefreiung. Damals formulierte sich eine radikale Anklage gegen eine Gesellschaft, die die Liebe durch unüberwindbare Standesgrenzen niedermähte. Heute rücken die Fragen nach den inneren Grenzen der Liebe stärker ins Blickfeld: Kann man Liebe besitzen und ihre Dauer einklagen? Ferdinand, Opfer der Kabale, fordert es: »Du – Luise, und ich und die Liebe! – liegt nicht in diesem Zirkel der ganze Himmel? oder brauchst du noch etwas Viertes dazu?« Der Besitz steht über allem und sein Verlust verwandelt jedes zärtliche Gefühl in den Wunsch nach Auslöschung und Vernichtung des ehemals geliebten Gegenübers. Aber nicht nur der Wunsch nach der totalen Verschmelzung führt zur Vernichtung der Liebe: Die von außen nicht geduldete Liebe ist – ungeachtet aller emphatischen Bekundungen – in ihrem Kern so weich und irritierbar, dass eine gut gestrickte Intrige sie sofort aushebeln kann. Was bleibt, ist die Empfindung, dass die Liebe von innen heraus viel stärker gefährdet ist, als durch die Anfeindungen der Gesellschaft. Jenseits aller Standesfragen setzt Schiller die Gefühle seiner Figuren einer schonungslosen Zerreißprobe aus, der weder sie noch ihr Ideal der Liebe standhalten können.
Der tschechische Regisseur Dušan David Parizek ist einer der prägendsten Regisseure seines Landes. Nach dem Studium in Prag und München und ersten Inszenierungen übernahm er das Prager Kammertheater, das er bis heute erfolgreich leitet. Darüber hinaus inszenierte er häufig im deutschsprachigen Raum. Er ist den Werken der deutschen Literatur sehr verbunden und hat Autoren wie Müller, Jelinek und Schwab für Tschechien entdeckt; zuletzt inszenierte er in Prag Schwabs »Übergewicht, unwichtig: Unform« und Musils »Die Schwärmer«. Ebenfalls von Musil hat er am Deutschen Theater Berlin »Die Verwirrungen des Zöglings Törleß« inszeniert. In Dresden brachte er »Prinz Friedrich von Homburg« und am Schauspiel Köln u.a. »Hamlet«, »Emilia Galotti« und das Doppelprojekt »Nathan der Weise« /»The Believer« auf die Bühne. Seine erste Inszenierung am Deutschen Schauspielhaus war2007 »Die Hermannsschlacht«. Parizeks Inszenierung von Kafkas »Der Prozeß« wurde zudem in der Kritikerumfrage der Prager Theaterzeitung zur »Inszenierung des Jahres 2007« gewählt.
Regie und Bühne Dušan David Parizek
Kostüme Kamila Polívková
Dramaturgie Nora Khuon
Licht Annette ter Meulen
Mit Ute Hannig, Lukas Holzhausen, Janning Kahnert, Juliane Koren, Julia Nachtmann, Philipp Otto, Michael Prelle, Aleksandar Radenković
Weitere Termine:
14.09.2008, 20:00 Uhr
15.09.2008, 20:00 Uhr
20.09.2008, 20:00 Uhr
24.09.2008, 20:00 Uhr
07.10.2008, 20:00 Uhr