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»Die Letzten« von Maxim Gorki im Theater Magdeburg

Premiere am Sa. 23. 2. 2019, Schauspielhaus / Bühne

Als Umbruchs-Stück in Zeiten von gesellschaftspolitischen Veränderungen zeigt Maxim Gorkis »Die Letzten« den Konflikt schwacher Charaktere im Angesicht des Zusammenbruches selbstverständlich gewordener Sicherheiten.

»Die Menschen schelten einander so unermüdlich, weil einer des anderen Spiegel ist ... « (Maxim Gorki)

 

Mit Maxim Gorkis »Die Letzten« inszeniert Regisseur Milan Peschel ein für die Stadt Magdeburg geschichtsträchtiges Werk. Am 21. 12. 1951 wurde das Drama anlässlich von Stalins Geburtstag und des einjährigen Bestehens des Magdeburger Opernhauses, das damals als Maxim-Gorki-Theater firmierte, zur DDR-Erstaufführung gebracht. Nach 68 Jahren der Absenz betritt die russische Familie Kolomizew nun erneut die Magdeburger Bühne.

Basierend auf seiner direkten Erfahrung mit den Erlebnissen der Februar-Revolution im Jahr 1905, entwarf Maxim Gorki das Psychogramm einer Familie, die durchsetzt ist von Egoismus, Karrierismus, Zwietracht und Unmenschlichkeit. Die jüngsten Kinder des vom Amt suspendierten Polizeichefs Iwan Kolomizew, Wera und Pjotr, sind die Letzten einer Gesellschaftsschicht, die dem Untergang geweiht ist. Die Familie ist zerrüttet, niemand hört dem anderen zu, es wird gekreischt, beschuldigt, vorgeworfen – freundliche und mitleidige Worte sind hier rar. Es ist das Bild einer Familie, mit der Gorki deutlich machen will, dass die Starken, gerade weil sie so egoistisch sind, in einem von Karriere und Ansehen, Geld und Macht bestimmten System immer überleben werden, während die Schwachen unterzugehen drohen. Der Bezug zum Heute ist unverkennbar – dieses System des absoluten Ichs muss überwunden werden, wenn Liebe und Mitleid ins Zentrum einer Gesellschaft rücken sollen.

Regisseur Milan Peschel – bekannt als Schauspieler aus Film und Fernsehen und seiner Tätigkeit an der Volksbühne Berlin unter Frank Castorf – versteht das direkte, situativ-konflikthafte Schauspielertheater als Zentrum seiner Arbeit. Im Stücktext verarbeitet er einige Passagen aus Gorkis Erzählungen – jenen Texten, die Maxim Gorki auf seinen langen Wanderjahren durch das gesamte Russische Reich gesammelt und geschrieben hat und in denen das Lumpenproletariat in seiner ganzen Derbheit und seinem Leid im Mittelpunkt steht. Durch die Entwicklung einer extremen Direktheit in der Spielweise lässt Peschel die großen wie kleinen Konflikte und Situationen plastisch werden. Der Bühnenraum, den Magdalena Musial zusammen mit den Kostümen gestaltet, ist so leer gehalten, wie das Innere der Figuren in Gorkis Familiendrama: Eine Ahnung der einstigen Schönheit russischer Innenräume bleibt bestehen, aber alles ist auf seine Wesenhaftigkeit reduziert.

Die Letzten
Von Maxim Gorki
Deutsch von Werner Buhss

Regie                                 Milan Peschel
Bühne / Kostüme                 Magdalena Musial
Dramaturgie                         David Schliesing

Iwan                                 Zlatko Maltar
Jakow                                 Michael Kamp a. G.
Sofja                                 Antonia Sophie Schirmeister
Alexander                         Marian Kindermann
Nadeshda                         Léa Wegmann
Ljubow                         Camen Steinert
Pjotr                                 Daniel Klausner
Wera                                 Maike Schroeter
Frau Sokolowa                 Susi Wirth
Leschtsch                         Matthias Rheinheimer
Jakorew                         Lukas Paul Mundas
Fedossja                         Thomas Schneider

Weitere Vorstellungen: Sa. 2. 3. / So. 17. 3. / Fr. 19. 4. 2019

Das Bild zeigt Maxim Gorki

 

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