Agostino Piovenes Libretto wurde viel vertont, bisweilen auch unter dem Titel
„Tamerlano“ wie bei Georg Friedrich Händel. Es erzählt die Geschichte des türkischen Sultans Bajazet, der von dem grausamen Tatarenherrscher Tamerlan besiegt und gefangengesetzt wurde.
Tamerlan verliebt sich in Bajazets Tochter Asteria und lässt dafür seine Verlobte stehen, die das Reich von Trapezunt in die Ehe einbringen sollte. Doch Asteria hat bereits einen Liebhaber, der jedoch, zwischen Liebe und Machtgelüsten hin- und hergerissen, immer wieder schwach wird. Sie selbst versucht einige Mordanschläge gegen den ungeliebten Tyrannen. Mit seiner
Rücksichtslosigkeit treibt Tamerlan den gedemütigten Bajazet schließlich in den Selbstmord. Und weil es in der Barockoper immer ein Happy end geben muss, siegt am Ende bei Tamerlan die Einsicht. Er verzichtet auf Asteria und nimmt die machtpolitisch passende Braut.
Bernd Feuchtner, der Künstlerische Leiter des Festivals, und der Musikalische Leiter Michael Form, sind stolz, wieder eine musikalische Entdeckung ersten Ranges präsentieren zu können.
„Bajazet“ ist nicht einfach nur eine Oper, sondern ein Pasticcio, eine Zusammenstellung bereits
vorhandener Arien und Ensembles. Dabei ist ein Feuerwerk großartiger Musik entstanden, die das Drama in allen Farben ausmalt. Für den Karneval 1735 im Teatro Filarmonico von Verona wählte Vivaldi sechs Arien von Johann Adolf Hasse (aus „Siroe“), drei von Jacopo Giacomelli (aus „Alessandro Severo“, „Adriano in Siria“ und „Merope“), sowie eine aus der „Idaspe“ des Farinelli-
Bruders Broschi aus; bei einer Arie kennen wir den Komponisten nicht. Damit stach Vivaldi die neapolitanische Konkurrenz mit ihren eigenen Mitteln aus. Die Arien von Bajazet, Asteria und Idaspe steuerte er meist aus der eigenen Schublade bei: Seine zehn Nummern stammen aus „L’Olimpiade“, „Giustino“, „Semiramide“, „Motezuma“ und „Farnace“.
Die Texte wurden dem neuen Zusammenhang angepasst. Und selbstverständlich komponierte Vivaldi alle Rezitative mit der gewohnten Sorgfalt. Das Manuskript ist nicht ganz vollständig, es fehlen einige Nummern. Das ergab wieder eine Chance für Thomas Leininger, diese Arien neu zu komponieren. Der junge Komponist aus Mainz hatte vor fünf Jahren für die Schwetzinger Aufführung das fehlende Drittel von Vivaldis „Motezuma“ ergänzt und mit seiner genauen Einfühlung in den barocken Stil für
Verblüffung gesorgt.
Für die Inszenierung sorgt der junge Mannheimer Regisseur Daniel Pfluger gemeinsam mit dem Bühnenbildner Flurin Madsen und der Kostümbildnerin Janine Werthmann. Das Team hat in der Spielzeit 09/10 im Theaterkino Heidelberg die bemerkenswerte Inszenierung „Godard Driving“ erarbeitet.
Libretto von Agostino Piovene
Dirigent & Blockflöte Michael Form
Regie Daniel Pfluger, Bühne Flurin Borg Madsen
Kostüme Janine Werthmann
Tamerlano Yosemeh Adjej
Bajazet Amadeu Tasca
Asteria Sophie Carvalho
Andronico Aaron Judisch
Irene Rosa Dominguez
Idaspe Camilla de Falleiro
Theorbe Julian Behr
Cembalo & Rezitative Johannes Keller
Philharmonisches Orchester Heidelberg