Angewidert von einer Gesellschaft, die heute das eine und morgen das Gegenteil behauptet, setzt Alceste ihr das Ideal entgegen, immer die Wahrheit zu sagen. Nicht nur, dass er Freunde mit seinen Wahrheiten unnachsichtig vor den Kopf stößt, nein, bei nahezu jeder Gelegenheit traktiert er die geliebte Célimène mit Vorwürfen wegen ihres widersprüchlichen Verhaltens. Und dies nicht ganz zu unrecht. Denn einerseits lässt ihn die Dame seines Herzens hoffen, andererseits führt sie ein illustres Leben auf Partys und in Gesellschaften. Unentschieden zwischen ihren zahlreichen Liebhabern macht sie charmant allen Avancen. Doch je mehr sich der verliebte Alceste von Célimène erhört glaubt, desto weniger versteht er ihr Verhalten. Hilflos gefangen zwischen Gefühl und Verstand fleht er sie schließlich an, die Seine zu werden. Doch das kommt für Célimène nicht in Frage. Der Besitz eines Mannes zu sein, noch dazu eines solchen Besserwissers, nein danke! – Sehr zum Vergnügen des Publikums werden Célimène und Alceste mit ihren blinden Flecken konfrontiert, denn eine Komödie mit Substanz ist keineswegs die kleine Schwester einer Tragödie.
Molières (1622-1673) Kunst zeichnet aus, Figuren voller Widersprüche mit leichter Sprache zu schaffen. Mal gibt er seine Helden dem Verlachen preis, dann fängt er sie liebevoll wieder auf. Molière geht es nicht um die großen Dinge des Weltgeschehens, nein, viel feiner, um die kleinen Kämpfe unserer Herzen im Alltag, unsere kleinen Lügen und Irrtümer. Nicht umsonst werden die Stücke des großen Franzosen wie „Der eingebildete Kranke“ und „Der Geizige“ bis heute allerorten gespielt.
Drei Schauspieler werden mit dieser Inszenierung ihr Chemnitzer Debüt geben: Pia-Micaela Barucki, Jan Gerrit Brüggemann sowie die herausragende, zuletzt am Theater Basel engagierte Katka Kurze als Célimène. Darüber hinaus arbeitet Schauspieldirektor Carsten Knödler das erste Mal mit dem Bühnenbildner Frank Hänig zusammen. Der umtriebige Künstler hat Dresdner Theatergeschichte in den 1980ern und 1990ern mitgeschrieben und ist derzeit Professor an der TU Berlin.
Carsten Knödler (Regie) wuchs in Chemnitz auf. Er studierte Chemie und später Schauspiel (Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig). Von 1995 bis 2003 war er als Schauspieler und Regisseur am Schauspielhaus Chemnitz engagiert. In dieser Zeit inszenierte er u. a. „Effi Briest“, „Hexenjagd“, „Die verzauberten Brüder“, „Süßer Vogel Jugend“ sowie zuletzt „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“. Von 2009 bis 2013 leitete er als Schauspielintendant das Theater Zittau. Ihm gelang es durch einen facettenreichen Spielplan und ein starkes Schauspielerensemble die Zuschauerzahlen des Zittauer Theaters zu steigern und die internationale Ausrichtung des Theaters zu erneuern. Seit der Spielzeit 2013/2014 ist Carsten Knödler als Schauspieldirektor an den Theatern Chemnitz engagiert. Auch hier konnte er die Zuschauerzahlen im Schauspiel beträchtlich steigern. Für seine letzten Inszenierungen von Ibsens „Volksfeind“ und Williams‘ „Camino Real“ erhielt er zum Teil herausragende Kritiken.
Deutsch von Jürgen Gosch und Wolfgang Wiens
Regie: Carsten Knödler
Bühne: Frank Hänig
Kostüme: Elżbieta Terlikowska
mit: Philipp Otto (Alceste), Jan Gerrit Brüggemann (Philinte), Christian Ruth (Oronte), Katka Kurze (Célimène), Pia-Micaela Barucki (Éliante), Ulrike Euen (Arsinoé), Stefan Migge (Acaste), Martin Valdeig (Clitandre), Wolfgang Adam (Basque, Gardist, Dubois)