Anlass dieser Würdigung ist Andrea Breths Neuinszenierung von Wolfgang Rihms Oper Jakob Lenz, die am 25. Oktober 2014 an der Oper Stuttgart Premiere feiert. Mit seinem 1979 in Hamburg uraufgeführten Werk schuf der damals 27jährige Komponist einen wegweisenden kompositorischen Neuentwurf eines zeitgenössischen Musiktheaters. Seitdem ist Jakob Lenz eine der meistgespielten zeitgenössischen Opern überhaupt und längst zu einem modernen Klassiker avanciert. Die Vorstellung am Samstag, 8. November 2014, mit dem österreichischen Bariton Georg Nigl in der Titelpartie stellt das Herzstück des Rihm-Wochenendes dar.
Ein weiterer Höhepunkt des Rihm-Wochenendes ist das 2. Liedkonzert am Sonntag, 9. November 2014, um 15 Uhr im Schauspielhaus. Georg Nigl gestaltet das Programm gemeinsam mit Katharina Knap, die Ensemblemitglied des Schauspiel Stuttgart ist und gerade von den Kritikern der Fachzeitschrift Theater heute zur „Nachwuchsschauspielerin des Jahres 2014“ gewählt wurde. Alexander Lonquich begleitet am Flügel. In Vorbereitung auf die Partie des an Schizophrenie erkrankten Dichters und Goethe-Zeitgenossen Jakob Lenz studierte Georg Nigl nicht nur Schriften des deutsch-schweizerischen Psychoanalytikers Arno Gruen, der dem Wahn-Sinn sogenannter Geisteskrankheiten nachspürt, sondern beschäftigte sich auch intensiv mit Wolfgang Rihms Liederzyklen Wölfli-Liederbuch und Neue Alexanderlieder. Diese Zyklen basieren auf Texten der Schriftsteller Adolf Wölfli bzw. Ernst Herbeck, die beide wie Jakob Lenz an Schizophrenie erkrankten. In der Gegenüberstellung von Rihms Liederzyklen mit Liedern von Franz Schubert, interpretiert von Georg Nigl und Alexander Lonquich, und mit Texten von Arno Gruen, rezitiert von Katharina Knap, kreieren die drei Künstler eine beziehungsreiche Collage über Fremdheit und Entfremdung.
Zwei weitere bedeutende Werke Wolfgang Rihms werden in Filmvorführungen präsentiert: Am Freitag, 7. November 2014, um 16.30 Uhr, wird die Live-Aufzeichnung der Uraufführung von Oedipus nach Texten von Sophokles/Hölderlin und Heiner Müller an der Deutschen Oper Berlin im Jahr 1987 gezeigt (R: Götz Friedrich, ML: Christof Prick). Die 2010 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführte „Opernphantasie“ Dionysos in der Regie von Pierre Audi und unter der musikalischen Leitung von Ingo Metzmacher wurde von den Kritikern der Fachzeitschrift Opernwelt zur „Uraufführung des Jahres“ gewählt. Der Tenor Matthias Klink aus dem Stuttgarter Ensemble, der bei der Uraufführung eine der drei Hauptpartien sang, wird bei der Filmvorführung am Sonntag, 9. November 2014, um 11 Uhr anwesend sein.
Rihms Musiktheater Die Eroberung von Mexiko nach Texten des französischen Theater-Radikalisten Antonin Artaud wurde 1992 in Hamburg uraufgeführt. Die Dramaturgin Ann-Christine Mecke zeichnet am Samstag, 8. November 2014, um 16.30 Uhr die Inszenierungsgeschichte des Werks in Bild- und Tondokumenten nach.
Das Programm des Rihm-Wochenendes im Überblick
Freitag, 7.10.2014, 16.30 – 18.30 Uhr, Opernhaus, Foyer I. Rang
Filmvorführung, Oedipus, Liveaufzeichnung der Uraufführung am 4.10.1987 an der Deutschen Oper Berlin
Musikalische Leitung: Christof Prick
Regie: Götz Friedrich
Mit: Andreas Schmidt, William Pell, Emily Golden u.v.a.
Samstag, 8.10.2014, 16.30 – 18.30 Uhr, Opernhaus, Foyer I. Rang
Städte wie Lichtmauern – die Inszenierungsgeschichte von Die Eroberung von Mexico
Eine Dokumentation von Dr. Ann-Christine Mecke, Dramaturgin an der Oper Stuttgart
Samstag, 8.10.2014, 20 Uhr, Opernhaus
Jakob Lenz
Musikalische Leitung: Franck Ollu
Regie: Andrea Breth
Mit: Georg Nigl, Henry Waddington, John Graham-Hall u.a.
Einführung um 19.15 Uhr im Opernhaus, Foyer I. Rang
Im Anschluss an die Vorstellung: Nach(t)gespräch mit Sängern und Mitgliedern des Produktionsteams
Sonntag, 9.10.2014, 11 – 13.30 Uhr, Opernhaus, Foyer I. Rang
Filmvorführung mit Matthias Klink, Dionysos
Aufzeichnung der Uraufführung bei den Salzburger Festspielen 2010
Musikalische Leitung: Ingo Metzmacher
Regie: Pierre Audi
Mit: Mojca Erdmann, Johannes-Martin Kränzle, Matthias Klink u.a.
Sonntag, 9.10.2014, 15 Uhr, Schauspielhaus, 2. Liedkonzert „So lebte er hin“
Mit: Georg Nigl (Bariton), Katharina Knap (Rezitation), Alexander Lonquich (Klavier)
Programm: Wölfli-Lieder und Neue Alexanderlieder von Wolfgang Rihm; Der Wanderer an den Mond, Am Fenster, Sehnsucht und Die Taubenpost von Franz Schubert; Lesung aus Schriften des Psychoanalytikers Arno Gruen
In Zusammenarbeit mit der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie Stuttgart und dem Schauspiel Stuttgart