Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier StuttgartVERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano...VERWIRRUNG BIS ZUM...

VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier Stuttgart

am 26.4.2024

Eine geschickt verwobene und raffinierte Handlung präsentiert Vladislav Grakovski in seiner Inszenierung des Kriminalstücks "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano. Spannung, Humor und kriminelle Intrigen ergänzen sich auf elektrisierende Weise. Es wird nicht langweilig. Das Stück besticht aus reizvollen Figuren und Charakteren, die in überraschende Wandlungen und absurde Situationen verstrickt werden.

 

Copyright: Theater Atelier Stuttgart

Illustre Partygäste tummeln sich gleich zu Beginn in einer herrschaftlichen Villa, die bald zum Mittelpunkt mörderischen Geschehens wird (Kostüme und Bühnenbild: Lara Kamysina). Es geht um den Mord an der Mutter von Lady Margo (facettenreich: Victoria  Skopp) und Lady Lorraine (undurchsichtig: Julia Svridova), die sich als ständig streitendes Geschwisterpaar gut ergänzen. Man erfährt, dass der Vater Mister Miles einen außerehelichen Sohn hat, dessen Namen man nur mühsam in Erfahrung bringen kann und der sich an seiner Familie rächen will. Es ist der von Martin Stettner mit einer unheimlichen Ironie gespielte Richard. Die ganze Handlung ist irgendwie mit dem Fluch der Kassandra behaftet: "Taktgefühl gehört nicht zu den Eigenschaften eines Anwalts!" Diesen Anwalt Roger mimt Ben Millef keineswegs mit vornehmer Zurückhaltung, sondern zupackender Direkheit.

Und die  unverwüstliche Lady Margo ist sich sicher, dass ein Polizist im Haus ist. "Haben Sie schon viele Verbrecher verhaftet?" fragt sie ungeniert. Lady Lorraine befindet sich ebenfalls ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs. Lady Margo ist sich sicher: "Jemand hat unsere Mutter ermordet." Sie wird schließlich von ihrer Schwester verdächtigt, die Tat begangen zu haben, wobei sich die Situation ständig zuspitzt. Immerhin hat man eine giftige Phiole unter dem Bett der Mutter gefunden.

In der sich ständig zuspitzenden Dramaturgie besteht eine Stärke bei dieser Inszenierung. Vladislav Grakovski unterstreicht bei seiner Regie auch den Humor: "Leute unseres Standes haben keine Eheprobleme". Ein imaginäres Klopfen ist für Lady Lorraine der Vorbote des Todes: "Unterschätze niemals meine Macht oder das Schicksal deiner Mutter wirst erleiden du! "Schauerlicher  Sarkasmus im Stil eines Edgar Wallace setzt sich dabei durch, zumal es sich hier um einen echten englischen Krimi handelt: "Ich habe einen vertrockneten alten Onkel, der Brite ist..." Die Protagonisten scheinen Stimmen aus dem Jenseits zu hören. Man vernimmt auch die Glocken des Big Ben. Und man erfährt, dass die Mutter nur Lady Lorraine das Haus vererben wollte. Außerdem wurde der Hausherr Sir Miles ebenfalls ermordet. Er habe keine Gelegenheit ausgelassen, sich an junge Frauen heranzumachen. Monika Läufle spielt wandlungsfähig die Bedienstete Linda, die schließlich mit dem von Giovanni Gagliano glaubwürdig verkörperten Sean ein Liebesverhältnis eingeht.

Die Geschwister bestreiten, die Mutter umgebracht zu haben. "Haben Sie ihr Drogen in den Tee getan?" fragt der Anwalt stoisch. Der Anwalt  macht Sean Vorwürfe: "Ich bin nicht so notgeil wie Sie! Ich muss nicht alles bespringen!" Alle sind sich sicher, dass immer noch ein Mörder im Haus ist. Man will die Polizei holen. Und es steigt die atemlose Spannung. Sean wird niedergeschlagen und der Butler wird ermordet. Im Hintergrund geht ein Auto in die Luft - und man glaubt, die sich darin befindliche Lady Lorraine sei getötet worden, was sich als Irrtum erweist. Lady Margo ist immer noch misstrauisch: "Ich musste mich vor meiner Schwester retten! Sie wollte sich an meiner Mutter rächen..." Sean will gehen: "Ich habe die Schnauze voll von dieser Bude!" Man hat plötzlich keine Spur von Margo.

Richard erscheint wie ein Auferstandener von den Toten - nämlich als vermeintlich erschossener Butler. Er erweist sich als der wahre Mörder: "Wie seid ihr eigentlich auf mich gekommen?" Er beschuldigt alle der Komplizenschaft mit Lady Margo. Es kommt heraus, dass Richard der außereheliche Sohn ist: "Es ist so furchtbar, vom eigenen Vater verlassen zu werden..." Zuletzt nimmt die Gerechtigkeit ihren Lauf: Richard fliegt mit seinem eigenen Wagen in die Luft. Denn alle haben die gefundene Bombe im Haus an sein Auto gebunden. Lady Margo beteuert: "Ich bin unschuldig!" Lady Lorraine wird als Richards Komplizin beschuldigt, was sie bestreitet. Zuletzt versöhnen sich die Schwestern: "Margo hat sie als einzige nie betrogen."

Sean und das Dienstmädchen Linda überleben die Katastrophe und werden dauerhaft ein  Paar. So wird dieser spektakuläre Fall gelöst. Es ist eine Inszenierung, die immer einen roten Faden besitzt und klug aufgebaut ist (Dekor: Tascha Hamm). Viele "Bravo"-Rufe im Publikum.
 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 22 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

FURCHT VOR DER FREIHEIT -- Neue Reihe "Studio goes Politics" im Studiotheater STUTTGART

Die Kabarettistin Stephanie Biesolt eröffnete zusammen mit der Schauspielerin Marion Jeiter diese neue Kabarett-Reihe im Studiotheater. Dabei wurde die AfD aufs Korn genommen. Beim "Angriff auf…

Von: ALEXANDER WALTHER

GESPENSTER UND ATEMLOSE SPANNUNG -- "Falsche Schlange" von Alan Ayckbourn im Kronenzentrum/BIETIGHEIM-BISSINGEN

Eine Prodfuktion von Tournee-Theater Thespiskarren - Theater im Rathaus Essen. - In der subtilen Regie von Gerit Kling bekommt dieser Psycho-Thriller rasch scharfe Kontur. Annabel Chester kehrt nach…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUCH DIE BILDENDE KUNST IST PRÄSENT -- Ludwigsburger Schlossfestspiele 2025

Die Festspielzeit 2025 wird am Samstag, 31. Mai 2025 mit dem Konzerthausorchester Berlin unter der Leitung von Joana Mallwitz im Forum am Schlosspark eröffnet. Neben Schuberts "Großer C-Dur-Sinfonie"…

Von: ALEXANDER WALTHER

FEINE SCHWINGUNGEN -- "Wege in die Gegenwart" - Gitarrenmusik des 20. und 21. Jahrhunderts im Kammermusiksaal der Musikhochschule STUTTGART

Gitarren-Musikstudenten der Klasse von Tillmann Reinbeck stellten sich im Kammermusiksaal der Musikhochschule vor. Der Abend begann mit "Quatre pieces breves" aus dem Jahre 1933 von Frank Martin. Das…

Von: ALEXANDER WALTHER

PEITSCHENDE RHYTHMEN -- Symphonieorchester unter Juraj Valcuha im Beethovensaal der Liederhalle STUTTGART

Ein sehr russisches Programm präsentierte das glänzend disponierte SWR Symphonieorchester unter der Leitung des slowakischen Dirigenten Juraj Valcuha diesmal in der Liederhalle. Zunächst erklang die…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑