Als Ikone des Widerstands, an Körper und Geist beschädigte Märtyrerin oder skandalverdächtige Proto-Salome sind so über die Jahrhunderte in bildender Kunst wie Dramatik viele Judiths entstanden, die stets von unversöhnlicher Feindschaft erzählen.
Auch Antonio Vivaldis „geistlich-militärisches“ lateinisches Oratorium Juditha triumphans devicta Holofernis barbarie wurde 1716 nach Befreiung Korfus von osmanischer Belagerung durch eine katholische Koalition zwischen Habsburgern und der Seerepublik Venedig uraufgeführt. Durch überraschend betörende wie martialische Musik stellte Vivaldi das Selbstbewusstsein Venedigs allegorisch als „weiblich-temperiert“ und nur in der Defensive aggressiv dar.
Bei der Uraufführung am Mädchen-Waisenhaus des Ospedale della Pietà, das für seine musikalische Exzellenz berühmt war, musizierten und sangen ausschließlich junge Frauen hinter Gittern und Gazen verborgen – der erotische Skandal blieb so reine Lyrik. Regisseurin Silvia Costa hat in diesem Sinne Chor und Soli in Juditha triumphans in einer hochpoetischen Choreografie inszeniert, die versucht, Kontinuitäten zwischen Prinzipien freizulegen, die zu feindlichen Polen aufgebaut worden sind. Nach fast zwei Jahren im unfreiwilligen Tiefschlaf erlebt diese Produktion nun endlich ihre Premiere.
Die über die Barbarei des Holofernes triumphierende Judith
Oratorium sacrum militare
Libretto von Iacopo Cassetti nach dem
biblischen Buch Judit
in lateinischer Sprache
Musikalische Leitung Benjamin Bayl
Regie & Bühne Silvia Costa
Kostüme Laura Dondoli
Licht Bernd Purkrabek
Chor Bernhard Moncado
Dramaturgie Franz-Erdmann Meyer-Herder, Antonio Cuenca Ruiz
Juditha Rachael Wilson
Holofernes Stine Marie Fischer
Vagaus Diana Haller
Abra Gaia Petrone
Ozias Alexandra Urquiola
Mitglieder des Staatsopernchores, Musiker*innen des Staatsorchesters Stuttgart
Weitere Vorstellungen
19. / 22. Januar 2022
11. Februar 2022
6. / 10. / 12. März 2022