Die Fichen-Affäre Ende der 1980er Jahre und die Aufdeckung der P26 haben gezeigt, dass Spionage und Überwachung im Kalten Krieg alltäglich waren, auch in der Schweiz. Als aber bekannt wurde, in welchem Umfang Menschen vom Staat überwacht worden waren, führte das zu grosser Verunsicherung in der Bevölkerung. Ein fesselndes Themenfeld für Schauspieldirektor Jonas Knecht und den Schweizer Dramatiker und Hörspielmacher Andreas Sauter, der bereits in der letzten Spielzeit mit Knecht das Autorentheaterprojekt "Das Schweigen der Schweiz" entwickelte und dafür ein Kurzdrama schrieb.
Dokumentarisch genau beschreibt Sauter die atomare Bedrohung, das Wettrüsten, das antikommunistisch aufgeladene Klima in der Schweiz, die sich zum Überwachungsstaat entwickelt, sich als Bollwerk gegen kommunistische Unterwanderung versteht und zur gleichen Zeit das DDR- Regime durch ihre Passivität und Duldung der Umgehungsgeschäfte jahrzehntelang stützt und sich bereichert. Lugano Paradiso ist eine rasante Reise durch die jüngste Geschichte, die nicht mit dem Kalten Krieg endet, sondern bis ins Heute führt und drängende Fragen auf unsere Zukunft wirft. Die Bedrohungslage hat sich verschoben: Heute bekämpfen wir den Terrorismus, verschärfen Gesetze, nehmen die Überwachung der Telekommunikation und des öffentlichen Raumes in Kauf. Datenspeicherung ist im digitalen Zeitalter alltäglich geworden, der gläserne Mensch nahezu Realität.
Lugano Paradiso oder So schön wie dieses Jahr hat der Flieder lange nicht geblüht ist Teil eines gemeinsamen Projekts des Kunstmuseums St.Gallen, des Kinok/Cinema in der Lokremise und des Theaters St.Gallen. Die Zusammenarbeit mit den Kulturpartnern der Lokremise spielt im Stück denn auch eine zentrale Rolle: Bespielt werden neben dem Theatersaal auch die Kunstzone und das Kinok. Neben Schauspielerinnen und Schauspielern kommen auch Ensemblemitglieder der Tanzkompanie sowie Musiker zum Einsatz. So entsteht ein ungewöhnlicher Theaterabend, bei dem Tanz, Schauspiel, Hörspiel und Film ineinander greifen.
Stückauftrag des Theaters St. Gallen
Ein Gemeinsames Projekt mit dem Kunstmuseum St.Gallen und dem Kinok, Cinema in der Lokremise
Uraufführung Donnerstag, 22. März 2018
Zeit 19.30 Uhr
Ort Lokremise
Einführungsmatinee Sonntag, 18. März 2018, 11 Uhr, Lokremise
Leitung
Inszenierung: Jonas Knecht
Bühne: Markus Karner
Kostüm. Heidi Walter
Komposition / Live-Musik: Andi Peter, Nico Feer
Choreographie: Sergiu Matis
Dramaturgie: Anja Horst
Besetzung
Schauspieler*Innen
Birgit Bücker: Ilka Baer, ehemaliges P26 Mitglied
Hans Ruedi Spühler: Peter Müller, Journalist, ehemals „revolutionärer“ Linker
Bruno Riedl: Ottokar Hermann, Geschäftsmann
Diana Dengler: Journalistin, Befragerin im Ausschuss des Deutschen Bundestages
Anja Tobler: Journalistin, Befragerin im Ausschuss des Deutschen Bundestages
Fabian Müller: Staaatsschützer-Ausbildner, Onkel von Ilka Baers Mann, P26 Ausbildner, Mitglied in der
Atomkommission, Anwalt Dubois, Oberleutnant Lorenz
Jessica Cuna: Staatsschützerin der Schweizer Bundespolizei, Betroffene des DDR-Regimes
Tänzer*Innen
Stefanie Fischer, Swane Küpper, Emily Pak, Giulio Panzi: Staatsschützer in Ausbildung, P26er in Ausbildung,
Mitglieder der Atomkommission, Stasi-Spitzel, Betroffene des DDR-Regimes
Vorstellungen
Di 27. März 2018 // Mi 4. April 2018 // Fr 6. April 2018 // Sa 14. April 2018 // Sa 28. April 2018
Do 3. Mai 2018 // Di 29. Mai 2018 // Di 5. Juni 2018 // Fr 8. Juni 2018
jeweils 19.30 h Lokremise
Buchvernissage
und Podiumsdiskussion Samstag, 24. März 2018, 20 Uhr, Lokremise Kunstzone
Lugano Paradiso erscheint gleichzeitig mit der Uraufführung als Buch. Anlässlich der Buchvernissage findet am Samstag, 24. März, in der Lokremise eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Schweiz im Kalten Krieg“ statt. Unter der Leitung von Harald Müller vom Verlag Theater der Zeit diskutieren der Autor Andreas Sauter, die beiden Historiker Thomas Buomberger und Ricardo Tarli sowie Schauspieldirektor und Regisseur Jonas Knecht.