Die Bühnenfassung von Sascha Löschner führt als Groteske die Unzulänglichkeiten einer in Konventionen verhafteten Gesellschaft amüsant vor Augen. Die Uraufführung in der Regie von Sascha Löschner ist am 2. April 2011 um 19.30 Uhr im Theater der Altmark zu erleben.
Alle Werke des englischen Autors H. G. Wells weisen weit über die rein wissenschaftlichen Phantasien der utopischen Literatur des 19. Jahrhunderts, beispielsweise eines Jules Verne, hinaus. Vielmehr sind sie Ausdruck einer Suche nach gesellschaftlichen Modellen, die eine bessere Welt ermöglichen. H. G. Wells nahm 1921 an der Abrüstungskonferenz in Washington teil und erläuterte dort seine Ideen zur Gründung eines Weltstaates. In Berlin hielt er 1929 eine Rede „Der Frieden als gesunder Menschenverstand“ vor der literarischen Gesellschaft im deutschen Reichstag, 1933 gewährte er als Präsident des PEN-Club Ernst Toller eine Rede über die Missstände in Deutschland seit Hitlers Machtantritt. Von der russischen Revolution angeregt, besuchte er Lenin, Gorki, Tolstoi, später Stalin und bezeichnete sich als „ultralinker Revolutionär“.
Ein Spinner, ein verrückter weltfremder Utopist? Seine Werke sprechen für die Ernsthaftigkeit gesellschaftlicher Analyse sowie die Freude an absurd komischer Verfremdung. In „Der Besuch“ schießt ein Vogelkunde begeisterter Vikar einen Engel flügellahm und nimmt ihn zu sich. Die Bewohner seiner Gemeinde sind nicht bereit für eine Begegnung mit dem Vollkommenen. Für die einen ist der Engel ein Spinner, für die anderen ein Querulant, für einige sogar ein kommunistischer Provokateur. Der Engel wiederum versteht die Menschen nicht. Mit unschuldigem Blick und scheinbar naiven Fragen entlarvt er die Verhaltensmuster einer elitären Oberschicht, die in ihren gesellschaftlichen Konventionen, ihrer Körperdressur und ihrem artifiziellen Habitus jeden Bezug zum Menschlichen verloren hat.
Sascha Löschner, Chefdramaturg des Theaters der Altmark, erkannte die dem Roman immanente Theatralik und fokussierte in der Bearbeitung der deutschen Übersetzung von Hermann Fuchs auf die grundsätzlich spielerisch-grotesken Situationen. In seiner Inszenierung fragt er: Was bleibt übrig, wenn unsere gesellschaftlichen Überformungen, körperlichen und geistigen Zurichtungen entfallen? Mit dem Blick des Engels, und durch ihn des Zuschauers, auf eine verzerrte Welt und ihre grotesken Protagonisten schärft sich die Wahrnehmung eigenen Handelns.
Dr. Sascha Löschner
geboren am 22.11.69 in Berlin. Studium der Germanistik und Kulturwissenschaft/ Ästhetik an der Humboldt-Universität zu Berlin 1997 Magister Artium
1995/96 Erasmus-Student in Paris VIII, Saint Denis
Promotion 2002 zu „Heiner Müllers Interviews“
2003 Dramaturg am Schauspiel Neukölln
Freiberuflich als Kunstvermittler, Dramaturg, Ghostwriter
2003 Mitarbeit Projektleitung „Paradiesprojekt“ im Bunker unter dem Alexanderplatz
2007/2008 Projektleitung „Synästhetisches Konzil“ - intermediales Musik- und Ausstellungsprojekt Berliner Künstler
2008 Dramatisierung „Der mechanische Prinz“ für Sommertheater Detmold (Übernahme durch Stendal in Spielzeit 2010/2011)
seit 2009 Chefdramaturg am Theater der Altmark Stendal, Bühnenfassungen „Des Kaisers neue Kleider“, „Frau Holle“ und „Der Besuch“ nach H. G. Wells.
Inszenierung Sascha Löschner
Bühne und Kostüme Christof von Büren
Der Engel Jan Kittmann
Rev. K. Hillyer, Vikkar von Siddermorton André Vetters
Doktor Crump Mathias Kusche
Mr. Mendham, Kurat Sören Ergang
Mrs. Mendham, seine Frau Alexa Wilzek
Delia, Dienstmädchen Frederike Duggen
Lady Hammergallow Bernd Marquardt
Sir John Gotch Mathias Kusche
Landstreicher Mathias Kusche
Gehilfe Sören Ergang
Termine
07.04.11, 19:30 Kleines Haus
10.04.11, 19:30 Kleines Haus
30.04.11, 19:30 Kleines Haus
15.05.11, 18:00 Kleines Haus
07.06.11, 19:30 Kleines Haus
12.06.11, 18:00 Kleines Haus
Karten für die Uraufführung am 2. April 2011 um 19.30 Uhr im Theater der Altmark gibt es unter 03931 – 635 777.